Archiv für den Monat: Mai 2015

Nachlese re:publica 2015

Die #rp15 eröffnete wie ein Klassentreffen: „Toll, dass ihr da seid!“ war die Message und dass mit Sascha Lobo und Christopher Lauer zwei Klassensprecher fehlten, wurde kaum erwähnt. Das Thema „finding europe“ war weit genug gefasst, um den Spagat der Teilnehmer zwischen Modebloggerinnen und Nerds zu leisten. Und nicht nur Churchies entdecken: re:publica ist ein bisschen wie Kirchentag.

The system is broken – and that’s the good news
Da passt es, wenn einer der alten Propheten der erste Sprecher ist. Ethan Zuckerman übernimmt diese Rolle. Vor 20 Jahren habe man geglaubt, Monopole und Zensur würden verschwinden, Verschlüsselung würde jedermanns Privatsphäre sichern, man werde sich online neu erfinden können, neue Formen des Zusammenlebens würden entstehen … “Wahnsinn, an was für einen Scheiß wir früher geglaubt haben“ war seine Erkenntnis und seine Analyse war ernüchternd. Das Vertrauen in Institutionen sinke, die Wahlbeteiligung auch. Und von den vielen hilfreichen Tools der Bürgerbeteiligung würden wenige genutzt. Die Aufgabe jetzt sei die alte: “Die Herausforderung für unsere Generation ist es, eine bessere Welt zu erschaffen.”
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Die Vermessung der Medienwelt
… analysierte die Auswirkungen der Digitalisierung. Die Botschaft von Prof. Dr. Harald Welzer: „Konstitutiv für Demokratie ist die Privatheit. Totalitäre Staaten haben als erste Maßnahme immer erst die Privatsphäre aufgehoben. Heute muss man die Daten nur erheben.“ Lebten wir also nicht in einer Demokratie, hätte eine totalitäre Staatsform alle Möglichkeiten.  Auf dem Podium Christoph Keese, Prof. Dr. Harald Welzer, Brigitte Zypries, Jo Schück, Björn Böhning und wenig Neues. Aber als Einführung in das Thema brauchbar.
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Schwarmdummheit!
Sehr gelobt wurde „Schwarmdummheit!“ mit Gunter Dueck. Ich kanns (noch nicht) beurteilen. Seine These: Unternehmen, Teams oder Parteifraktionen sind ein großes System von Menschen, die man ja bei der Einstellung oder Wahl für richtig gut hielt. Wie kommt es dann, dass sich diese vielen intelligenten Menschen aus rasendem Alltagsstress heraus in Meetings begeben und dort ineffektiv tonnenvoll Zeit verschwenden, sodass viele Menschen alles rund um Zusammenarbeit, Abstimmungen und Teamarbeit als ausgesprochen quälend erfahren?
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The IS in us
Warum ist der IS in seiner Medienstrategie so erfolgreich? Sascha Stoltenow und Thomas Wiegold beantworteten das in „The IS in us – was wir durch terroristische Kommunikationsstrategien über uns selbst erfahren“.
Das Erschreckende: Der IS arbeitet hochprofessionell und nutzt Vorlagen anderer. Ob Werbung für Computerspiele oder Imagefilme der Streitkräfte, die Bildsprache ist die gleiche. Nur der Inhalt ist ein anderer. Der IS spricht also ähnliche Zielgruppen an wie Spielehersteller oder Militärs und die Medienstrategen des IS nutzen die Bildsprache anderer. Beispiel: Die Häftlinge in Guantanamo tragen orange Overalls und knien vor ihren schwarz gekleideten Bewachern auf dem Boden. Die 21 gefangen genommenen jordanischen Christen knien am Strand des Mittelmeers vor ihren Schlächtern. Die Botschaft: Orange sind die Opfer. Die Täter waren früher mal Opfer und es ist alles näher als du denkst. Was man daraus lernen kann: Die Bildsprache ist manchmal mächtiger als der Inhalt der Botschaft.
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Thema YouTube
Die Plattform war auf der #rp15 Thema bei vielen Speakern. Bei „Making Money on YouTube” erzählten Le Floid und andere YouTuber von ihrem “Berufsalltag”. Ist es Talent oder Fleiß, die richtige Idee oder gute Unterstützung, die zum Erfolg führt? „Alles“ war der Tenor und dann auch noch Geduld. Der Ertrag dieses Podiums: Wer meint, dass er mit YouTube mal schnell Geld machen und Erfolg haben kann, ist auf dem Holzweg. YouTube ist Arbeit.
> (Video ist leider noch nicht online)
Ein weiterer Beitrag zu diesem Thema „How to Mobilize Supporters with Youtube Videos?

Social-Media-Recht
Ein Klassiker auf der RP ist der Jahresrückblick Social-Media-Recht von Thorsten Feldmann und Henning Krieg: die Rechtsfälle der vergangenen zwölf Monate. Die Themen: Urheberrecht / Fotorecht, Schleichwerbung, Instagram, WhatsApp, Newsletter, Impressum und Datenschutz. Wer hier dabei ist, verpasst nix.
> hier gibts Folien und Audio

Geteiltes Leid ist halbes Leid?
Einen Versuch einer (Medien-)Ethik in der Digitalen Sphäre wagten Friedemann Karig, Bernhard Pörksen, Stefan Niggemeier und Petra Grimm. Was machen die vielen Posts mit uns und mit unserer Umwelt? Die Antworten erschienen mir zu schwach. Aber es gibt zu diesem Thema nicht all zu viel. Wer sich da eindenken will, findet einen guten Zugang.
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Zuletzt Unterhaltsames

Mindestens an einem Nachmittag war die #rp15 einfach nur unterhaltend: Mit seinem Vortrag „Blue Dot Mission – Sechs Monate Leben und Arbeiten auf der ISS“ kam Astronaut Alexander Gerst auf die Mainstage … Frauenschwarm, Entertainer, Wissenschaftler, Gerst war die gelungene Mischung. „Was passiert mit der Wäsche auf der ISS?“ Hier erfahren Sie es. Ansehen lohnt sich.
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Sehr unterhaltsam auch dieses Jahr wieder Journelle, die mit „Fremd gehen immer nur die anderen“  Liebe und Beziehung in Zeiten des Internets beleuchtet. Auf Online-Partnerbörsen kann man die Liebe des Lebens, einen Weggefährten für kurze Zeit, eine Affäre oder auch den einen oder anderen kolossalen Reinfall kennenlernen. Aber das Internet ist nicht nur eine weitere Form, mit bisher Unbekannten in Kontakt zu treten. Es ändert auch die Art, wie wir Beziehung wahrnehmen und leben. Aber es betrifft immer nur andere!
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Vergnügliche Abendveranstaltung war dann „Wir hatten ja nix – und das haben wir mitgebracht: Das kleine Technikmuseum“. Tamagochis und Walkmänner, einst brandaktuelle Technik, die dann doch kein Trend wurde. Vermutlich hat da jeder von uns so seine „Leichen“ in der Schublade. Der Blog techniktagebuch.tumblr.com erzählt davon. Nette Beispiele.
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Soweit von der #rp15. Mal sehen ob es auf der #rp16 auch mal re:ligion als Thema und Angebot gibt. Angedacht haben wir es schon mal.