Archiv für den Monat: Dezember 2015

Projektstelle Social Media – ein Zwischenstand

Social Media und Networking der ELKB

Bis zum Projektstart am 1. Juni 2013 konzentrierten sich die Social-Media-Aktivitäten in der institutionellen Kommunikation der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) im Wesentlichen auf eine Facebook-Seite, die von einem Ehrenamtlichen zusammen mit den Verantwortlichen für Internet im Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Publizistik (P.Ö.P.) gepflegt wurde. Die Seite hatte 1.250 Likes und eine Reichweite von bis zu 4.000 Nutzern.

Seit Einrichtung der Projektstelle im Referat P.Ö.P.  hat sich die Nutzerzahl dieser Seite mit über 3.700 (Stand Dezember 2015) fast verdreifacht und erreicht wöchentlich bis zu 40.000 User. Weitere elf Facebook-Auftritte kamen hinzu. Seit September 2013 ist @elkb auf Twitter aktiv und berichtet während der Synoden und bei anderen wichtigen Ereignissen. Knapp 300 User folgen den mittlerweile über 1300 Beträgen, darunter Journalisten und Nachrichtenagenturen.

Zugenommen hat die Berichterstattung auf YouTube: Videos werden durch die Projektstelle sowie durch den Pressesprecher produziert. Für Audio-Beiträge gibt es einen Kanal auf soundcloud. Auf Instagram läuft in Kooperation mit der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) die Bilderwelt #evangelisch.

Neben der Kommunikation im Web 1.0 ist die im Web 2.0 dabei, fester Bestandteil der Institutionenkommunikation der ELKB zu werden. Eine Entwicklung, die trotz der bereits erzielten Erfolge in der Reichweite noch großes Potential hat.

1.  Was ist geschafft?

Landeskirche und EKD
Die Projektstelle ist angesiedelt im Referat P.Ö.P. und damit eingebunden in die landeskirchenweite Öffentlichkeitsarbeit der ELKB. Demzufolge ist ein wichtiger Teil der Projektstellenarbeit die Beratung derjenigen Mitglieder der Kirchenleitung, die diese Beratung oder auch kontinuierliche Begleitung ihrer Social Media-Aktivitäten nachfragen. Informelle Zusammenarbeit besteht mit den Kirchenkreisen, die sich in Social Media engagieren.

Seit der Wahl des bayerischen Landesbischofs zum EKD-Ratsvorsitzenden geschieht die Begleitung seiner Facebook-Aktivitäten auch in Abstimmung mit der Team der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der EKD.

Schulungen für Dekanate, Arbeitskreise und Konferenzen sowie im Predigerseminar
Die Kommunikation in Social Media ist umso erfolgreicher, je größer die Reichweite ist. Es galt und gilt nach wie vor, Menschen für die Kommunikation über diese Medien zu interessieren und zu schulen. Das ist zunächst einmal Aufgabe der „Vernetzten Kirche“ im Evangelischen Presseverband für Bayern. Anfragen direkt an die Projektstelle gelten vor allem dem Thema „Kirche und Social Media“ und Fragen der Konzeption von Öffentlichkeitsarbeit und der Rolle der Social Media in ihr. Vorträge und Schulungen können hierzu angefragt werden.

Genutzt haben das Angebot bisher einige Dekanatsbezirke (z.B. Kempten, Rothenburg, Leutershausen, Feuchtwangen oder Würzburg). Die „Road Show“, eine Informations- und Fortbildungsveranstaltung in den Regionen in Kooperation mit der für Medien zuständigen Abteilung D (Gesellschaftsbezogene Dienste) im Landeskirchenamt, dem Amt für Gemeindedienst (AfG), Vernetzte Kirche, Web-to-print, der Evangelischen Medienzentrale (EMZ) und der Kirchlichen Informationsverarbeitung (KIV) im Landeskirchenamt (zuständig für das ELKB-Intranet), fand im Kirchenkreis Bayreuth statt und ist für Frühjahr 2016 in weiteren Kirchenkreisen geplant.

In den Publizistik-Kursen des Predigerseminars Nürnberg ist „Social Media“ inzwischen an einem halben Tag Thema. Beraten werden auch Mitglieder der Landessynode, überparochiale Dienste und Verantwortliche im Landeskirchenamt. Hinzu kommen immer wieder Anfragen aus Gemeinden sowie von anderen nichtkirchlichen sozialen Institutionen.

Aktuelle Informationen und Diskussionsbeträge werden hier im Blog der Projektstelle „elkb2punkt0“ (auf wordpress und tumblr) veröffentlicht.

Begleitung von „StartUps“ und Projekten
Als besonders erfolgreich zeigt sich das Angebot, im ersten halben Jahr die Startphase eines Social-Media-Auftritts zu begleiten. Neben der Beratung und Hilfe bei der Einrichtung entlastet vor allem der angebotene Hintergrund-Dienst durch die Projektstelle Verantwortliche, die den Schritt in die neuen Medien wagen. Typische Anfänger-Unsicherheiten und Befürchtungen  vor einem „Shitstorm“ konnten so abgefedert werden. Erfolgreich umgesetzt werden konnten so u.a. die Facebook-Auftritte von Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, Luther 2017 Bayern, Evangelisch im Allgäu, Kirche und Tourismus und Evangelisch in Bildern. Für weitere Aktionen und Arbeitsfelder sind Auftritte in Vorbereitung.

Mitverantwortlich ist (oder war) die Projektstelle weiter für die Seiten Medienkonzil. Bürgersein in der digitalen Welt, Gemeinsam auf der Bühne – Fachkongress Ehrenamt (bis August 2015), Internettag der ELKB (zusammen mit Vernetzte Kirche und Abt. D und gemeinsam mit diesen Veranstalter des Internettags) und der Kampagne zum Buß- und Bettag (zusammen mit der Agentur „medio“ der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, EKKW).

Eine besondere Zusammenarbeit entstand nach dem Brand der reformierten Kirche St. Martha in Nürnberg: Nach anfänglichem Zögern erkannten die Verantwortlichen den Wert von Sozialen Medien. Die Facebook-Seite „Wir bauen St. Martha wieder auf“ wurde mit Unterstützung der Projektstelle entwickelt und eingerichtet und berichtet seither erfolgreich vom Wiederaufbau der Kirche.

Vernetzungen und Fortbildung
Seit Einrichtung der Projektstelle ist die ELKB über Facebook mit nahezu allen lutherischen Kirchen weltweit vernetzt (gegenseitige Likes), die einen FB-Account haben.  Eine Kooperation besteht mit der Evangelischen Kirche in Österreich. Die Projektstelle hält Verbindung zur Diakonie Bayern, den Rummelsberger Gemeinschaften, zum Amt für Gemeindedienst, der Evangelischen Jugend in Bayern, zu Akademie Tutzing, zu den Beauftragten für Rundfunk und Fernsehen beim BR, zum Frauenwerk Stein, zur Projektstelle Luther 2017 in Bayern, zur Projektstelle Interkulturell Evangelisch in Bayern, zum EPV mit Sonntagsblatt, epd und Vernetzte Kirche, zum Rothenburger Sonntagsblatt, dem Pfarrerinnen- und Pfarrerverein und weiteren Werken und Diensten.

Die Projektstelle nimmt Teil an der Konferenz der Internetbeauftragten der EKD, ist vernetzt mit den Social-Media-Verantwortlichen in allen Gliedkirchen der EKD und Teil des Netzwerks European Christian Internet Confernce (ECIC). Aus der Zusammenarbeit mit der Rheinischen, Westfälischen und Lippischen Landeskirche kam es zur Übernahme der Social-Media-Guidelines für die ELKB und zum Projekt #evangelisch auf Instagram. Die Öffentlichkeitskampagne der EKKW und der ELKB zum Buß- und Bettag wurde 2013, 2014 und 2015 (geplant auch weiterhin) in den Sozialen Medien umgesetzt und begleitet.

Über digitale Arbeitsgruppen gibt es regen Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen in anderen Landeskirchen. Mit der Teilnahme an den Internetkonferenzen, der re:publica sowie an Internettagungen der Akademie Tutzing, der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), des Bayerischen Rundfunks und dem fachlichen Austausch mit anderen Social-Media-Arbeitern verfügt die ELKB durch die Projektstelle über weiteres Wissen zu digitalen Themen, das in kirchliche Entscheidungsprozesse eingebracht werden kann.

Erreichte Zielgruppen
Drei von vier Deutschen nützen das Internet, in der Gruppe der bis 14- bis 19-Jährigen sind es nahezu 100 Prozent, bei jungen Erwachsenen über 90 Prozent. Mit ihren Angeboten hat die ELKB in den Sozialen Medien einen Schritt in die richtige Richtung getan. Die Zielgruppe bei den Facebook-Seiten ist zwischen 25 und 45 Jahre alt. Hier wird z.B. der Teil der Mitglieder erreicht, die sich bei den Kirchenvorstandswahlen 2012 oder 2006 kaum beteiligten. Die Medienarbeit auf Kanälen wie YouTube und Soundcloud hat das Potential, die Lücke zu schließen, die durch den Rückzug traditioneller Medien bei kirchlichen Themen entsteht. Problematisch ist die Erreichbarkeit der Jugendlichen unter 18 Jahren. Sie pflegen lieber die Binnenkommunikation (WhatsApp) und werden durch kirchliche Medien kaum erreicht.

In Diskussion einsteigen und sie begleiten
Social-Media-Anwendungen erleichtern es, in unterschiedlichen Rollen (Avatare) an Diskussionen teilzunehmen. Die Projektstelle hat gute Erfahrungen damit gemacht, über persönliche oder institutionelle Accounts zu kommentieren und zu posten. Als sinnvoll und notwendig hat es sich gezeigt, in Diskussionen die Positionen der ELKB einzubringen, um Themen vollständiger abzubilden. In Einzelfällen war auch der deutliche Widerspruch nötig. Wo Mitstreiter gewonnen wurden, veränderten sich Diskussionen deutlich. Bei sensiblen Themen musste dazu intern und kurzfristig die Strategie abgesprochen werden – so, wie das bei der Kommunikation über andere Kanäle ebenfalls üblich ist.

Als unabdingbar hat sich speziell in Diskussionen zu strittigen Themen wie „Pegida“, „Sterbehilfe“ oder „Ehe für alle“ das Mitlesen und die Sichtung aller Kommentare erwiesen. Teilweise sind hier Interventionen nötig. Ohne diese „Feuerwehr“-Funktion lassen sich nach Erfahrung der Projektstelle öffentliche Fanseiten auf Facebook – wie die der Landeskirche oder kirchenleitender Persönlichkeiten – nicht betreiben.

1.  Was fehlt?

Die ELKB ist als Institution und mit Ihren Themen in den gängigen Netzwerken inzwischen präsent und recht gut vernetzt. Ereignisse wie Tagungen der Landessynode oder Fachtagungen lassen sich durch den Einsatz von Social Media breiter publizieren. Bezüglich der Reichweite in diesen Medien ist jedoch, vorsichtig formuliert, noch Luft nach oben.

Internet und Social Media sind (leider noch immer) nicht selbstverständliche Hilfsmittel kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit. Kirche muss die Zahl ihrer Kontaktflächen erhöhen und entstandene Kontakte aufrechterhalten und pflegen. Die Projektstelle kann hierzu einen Beitrag leisten. Ziel muss eine kontinuierliche Kommunikation in den Social Media sein. Hier steht die ELKB, trotz aller Fortschritte der letzten Jahre, immer noch relativ am Anfang. Das gleiche gilt im Blick auf die mediengerechte Auswahl bzw. Aufbereitung von Themen, die über Social Media kommuniziert werden (könnten).

Die Öffentlichkeitsarbeit der ELKB ist im Bereich der klassischen Medien (z.B. Print, Web 1.0) gut aufgestellt. In der Verbindung zu den Sozialen Medien gibt es aber immer noch hindernde Faktoren, die ein Zusammenspiel der Medien erschweren:

Urheber- und Verwertungsrecht
Die ELKB produziert mediale Angebote (oder lässt sie produzieren), die sie selbst nicht auf allen ihren Kanälen einsetzen kann. Rechtliche Rahmenbedingungen, die Texte nur in Print erlauben, verhindern die Verbreitung der Inhalte auch über andere Kanäle. Die freie Verwendung aller Inhalte für Bildungszwecke und zur Verkündigung ist ein Ziel, dass auch das Impulspapier zum Medienkonzil der Landeskirche beschreibt.

Internet first! Internet first?
Kirche denkt immer noch zu sehr in Papier. Gemeindebriefe, Zeitungsartikel und Prospekte sind nach wie vor Publikationsmöglichkeiten erster Wahl, Internet „kommt dann dazu“. Noch fataler ist die Papierorientierung bei Terminen: Hier werden viele Ereignisse auf Papier veröffentlich, was die leichte Weiterverbreitung im Netz unmöglich macht und Vernetzung verhindert.
Ziel muss der durchgehende Einsatz von Termindatenbanken und Kollaborations-Plattformen (Siehe dazu die Angebote des ELKB-Intranets) sein. Inhalte müssen möglichst aktuell im Netz veröffentlich werden und leicht zugänglich sein. Wo das schon möglich ist, wurden in der Projektstelle gute Erfahrungen in deren Weiterverbreitung über die Sozialen Medien gemacht.

WLAN und Streaming
Zur Grundausstattung kirchlicher Räume gehört nach wie vor nicht WLAN. Tagungshäuser, Kirchen und Gemeindezentren machen so den Einsatz Sozialer Medien unmöglich. Die Projektstelle setzt sich dafür ein, die Bereitstellung von WLAN in allen kirchlichen Räumen zu unterstützen und so unter anderem Video- und Audio-Übertragungen zu ermöglichen. Rechtliche Fragen bei Bereitstellung müssen geklärt werden und sind teilweise in Klärung. Durch WLAN wäre auch die mediale Teilnahme an Gottesdiensten und Veranstaltungen möglich – eine Teilnahmeform, die in der ELKB immer noch unüblich ist.

Social Media als Standard
Thematische Großveranstaltungen in der ELKB lassen sich durch Social Media auflockern und medial weiter verbreiten. Dies hat die Arbeit der Projektstelle beim Fachkongress Ehrenamt und beim Medienkonzil gezeigt. Der Einsatz von Social Media sollte daher zum Standard kirchlicher Arbeit werden. Tagesordnungen, die als offene Dokumente die gemeinsame Vorarbeit ermöglichen, digitales Zur-Verfügung-stellen aller Informationen bei Gottesdiensten und Events, Bilder, Töne und Videos, die von allen Teilnehmenden verbreitet und kommentiert und ergänzt werden können … mit den Möglichkeiten der Sozialen Medien kann die ELKB ihre Reichweite deutlich erhöhen. Social-Media-Boards sollten deshalb bei allen kirchlichen Großveranstaltungen Standard sein. Es hat sich gezeigt, dass schon durch Einsatz einer Arbeitskraft eine Vervierfachung der Reichweite erzielbar ist. Hier gilt es, noch weiter Überzeugungsarbeit zu leisten.

Themen benennen und besetzen
Gesellschaftlicher Diskurs entsteht oft durch besonders bewegende Ereignisse (z.B.  der Absturz der Germanwings-Maschine), politische Entscheidungen (z.B. das irische Votum für die Homo-Ehe), Naturkatastrophen (z.B. das Erdbeben in Nepal) oder sich zuspitzende Entwicklungen (IS in Syrien und Nordirak). Das Echo in den Sozialen Medien entsteht binnen Stunden und erreicht schnell weite Teile der Öffentlichkeit.
Bisherige Erfahrungen zeigen, dass zusammen mit anderen kirchliche Positionen in die öffentliche Diskussion eingebracht werden können. Gezeigt hat sich aber auch, dass Kirche schneller (oder besser vorbereitet) zu klaren und kurzen Aussagen kommen muss.

Community einbinden
Die Diskussion, vor allem auf den Facebookseiten der bayerischen Landeskirche und des Landesbischofs, hat gezeigt, dass die Community gut gewachsen ist und auch extreme Positionen gut aushalten und diskutieren kann. Blieben im ersten Jahr der Projektstelle extreme Kommentare noch ohne Antwort, ergreifen jetzt auch „gemäßigte“ Christinnen und Christen das Wort und beteiligen sich an den Diskussionen. Gute Erfahrungen wurden auf der ELKB-Seite dabei auch mit Kommentaren durch die Redaktion gemacht.

Das Fazit hier: Es ist eine gute und breit aufgestellte Community entstanden, der man nun auch Aufgaben anvertrauen könnte. So könnte man z.B. anstehende kirchliche Themen im Vorfeld ihrer offiziellen Behandlung im Netz diskutieren lassen. Die Synode der EKD hat im Vorfeld zu ihrer Themensynode im November 2014 hierzu gute Erfahrungen gemacht.

Als hilfreich hat sich die Community auch auf der theologischen Metaebene gezeigt: in den geschlossenen Facebook-Gruppen „Was mir im Predigerseminar keiner sagte …“ und „Kirche und Social Media“ ließen und lassen sich viele Probleme des Pfarrberufs und der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit besprechen.

Theologisch reflektieren
Zur bisherigen Arbeit in den Sozialen Medien braucht es immer wieder theologische Reflexion, unter anderem im Blick auf die Auswirkung der Digitalisierung auf Ekklesiologie und Gemeinaufbau. Immer wieder müssen sich die Akteure die Frage stellen „Warum machen wir das?“ bzw. „Was ist unser Ziel?“. Gezeigt hat sich, dass Soziale Medien die Kontaktflächen von Kirche erhöhen und ihre Themen breiter und offener diskutiert werden können. Im Blick auf die theologische Dimension muss aber noch weiter gedacht werden: Ist die „virtuelle“ Teilnahme auch eine „richtige“? Was bedeutet ein Kontakt über Soziale Medien für die Beziehung der Kirche zu ihren Mitgliedern? Findet Kirche nur in Kirchengebäuden statt, oder versammelt auch eine Twitterandacht Gemeinde Jesu Christi? Viele „alte“ Fragen der Theologie, der Ekklesiologie, des Gemeindeaufbaus oder des Pfarrerbildes, die bereits bei früheren Phasen der Mediennutzung (z.B. im Zusammenhang von Gottesdienstübertragungen) diskutiert und eigentlich längst geklärt wurden, tauchen in der Beschäftigung mit Social Media wieder auf.

Zweites großes Thema sind die generellen Auswirkungen der Digitalisierung. Hier gilt es zum einen Bewußtsein der Nutzer zu schulen und kritische Entwicklungen zu benennen. Kirche sollte hier Vorreiter in der Nutzung und Anwendung datensicherer Techniken sein.

Jugend erreichen
Eine häufig genannte kirchliche Erwartung an Social Media ist, „die Jugend zu erreichen“. Die Arbeit der Projektstelle hat gezeigt, dass das dort gelingt, wo sich kirchliche Mitarbeitende in der Kommunikation beteiligen und Social Media – wie Jugendliche – auch zum Teil ihres Lebens machen. Jugendliche „gehen“ nicht „ins Internet“, sie „sind im Internet“. Mindestens ebenso wichtig wie der richtig gewählte mediale Zugang sind altersgemäße Inhalte und Formen: Die Nutzung des Web 2.0 kann nicht kompensieren, wenn es an Themen mangelt, die Jugendliche interessieren.

Für viele Mitarbeitende der ELKB ist das aber mit großer Scheu und Ängsten verbunden. Durch Medienpolitik, die Internetstrategie, die SocialMediaGuidelines, den Webcheck, das Impulspapier des Medienkonzil und andere medienpädagogische Angebote hat die ELKB diese Sorgen aufgenommen und Arbeitshilfen angeboten. Was oft leider immer noch fehlt ist Mut und die Bereitschaft, Social Media als Pfarrer, Diakonin, Religionspädagoge oder Ehrenamtliche auch mit Hilfe der Projektstelle zu einem selbstverständlichen Teil der eigenen (beruflichen) Kommunikation zu machen und so auch mit Jugendlichen medial sprachfähig zu bleiben.

Die Vernetzung der unterschiedlichen Bereiche der ELKB gelingt nur erstaunlich langsam. Das Beharren auf bewährten, aber teilweise überkommenen Kommunikationsmitteln ist groß. Hier ist mehr Zeit erforderlich um die ELKB als lernende Institution auf aktuellen Stand zu bringen.

Zukünftige Aufgaben

Ressourcen durch Veränderung schaffen
„Viele Unternehmen sterben nicht, weil sie das Falsche tun, sondern weil sie zu lange das tun, was einmal richtig war“. Dieses Zitat aus der #ecic20 beschreibt das Dilemma kirchlicher Kommunikation. Der Weg, den  die ELKB in Sachen Social Media eingeschlagen hat, ist richtig, muss aber ständig angepasst werden.

Nach den ersten positiven Erfahrungen mit Social Media wäre nun das konsequente Umsteuern in der kirchlichen Kommunikation nötig. Ein Ergebnis der bisherigen Arbeit der Projektstelle ist, dass Social Media als „add on“ scheitern muss. Kirche muss sich stattdessen sehr viel ernsthafter  die Frage stellen: „Erreiche ich noch die Menschen, die ich erreichen will?“ Sie  muss sich von einer Absenderorientierung zur Empfängerorientierung bewegen. Die Projektstelle setzt sich zum Ziel, dieses Umdenken voranzutreiben. Dieser Prozess benötigt Zeit.

Soziale Medien zeigen über Reichweiten-Angaben schnell und genauer als die „alten Medien“, was ankommt und was nicht. Die Bereitschaft, die eigene Arbeit vom Nutzerverhalten beeinflussen zu lassen, ist in der Kirche leider nach wie vor kaum vorhanden. Die Projektstelle kann und will diesen notwendigen Prozess des Umdenkens befördern.

Lernen mit und von anderen
Probleme in der Mitgliederbindung, im sinkenden Engagement der Mitglieder und mit dem demographischen Wandel haben nicht nur Kirchen, auch andere Institutionen sind davon betroffen,  nicht nur in Deutschland. Begegnungen mit anderen Netzarbeitern und Social-Media-Verantwortlichen weiten den Horizont. Die Projektstelle kann und will konkrete Fragestellungen und neue Möglichkeiten, die die Nutzung der Social Media für die kirchliche Arbeit, speziell im Blick gerade genannten Herausforderungen, bieten, in die entsprechenden Arbeitsfelder einbringen. Beispiele wären der Einsatz von Computerspielen im Konfirmandenunterricht (Schweden) oder Werbung für kirchliche Berufe in Sozialen Medien (Schweiz). Vernetzung mit und das Lernen von anderen NGOs ist möglich und nötig.

Kommunikation verändern
Bereits jetzt zeichnen sich gute Gründe ab, die für eine verstärkte Kommunikation der ELKB über die Sozialen Medien sprechen. Allerdings ist das Feld der Möglichkeiten noch nicht weit genug ausgelotet, sind noch nicht alle wichtigen Plattformen und Formate wenigstens ansatzweise ausgetestet, um eine valide Empfehlung zu geben, wie die ELKB die Social Media künftig nutzen soll.

Netzpolitisch aktiv werden
Das Impulspapier des Medienkonzils formuliert: „Im Namen einer freien Kommunikationskultur fordert die ELKB eine couragierte Netzpolitik und den Aufbau eines Politikfelds als Querschnittsthema aller Ministerien. Die ELKB unterstützt politisch die Initiativen, die eine digitale Zivilgesellschaft organisieren wollen (…). Die ELKB verbündet sich mit allen, die für Netzneutralität und IT-Sicherheit einstehen.“ Mit dem Thema “Netzpoltik” des Internettags der ELKB im Sommer 2016 ist ein Schritt gegangen, dem weitere folgen müssen.

Christoph Breit
Dezember 2015