FAQs: Lohnt es sich, als Gemeinde in die Sozialen Medien zu gehen?

„Lohnt sich Facebook?“
„Kommen dann mehr Leute in den Gottesdienst?“
„Wir haben ja schon so viel zu tun, jetzt auch noch Social Media!“

Fragen wie diese von Mitarbeitenden zu den Sozialen Medien sind verständlich und kommen häufig. Nach Plakaten, Werbung, Kontakt zu Zeitungen, Mailings und anderen Aktionen erscheinen Social Media vielen wie eine weitere Form der Belastung, die man „jetzt auch noch“ erledigen soll. Öffentlichkeitsarbeit und Beziehungspflege oben drauf gesattelt. So wie vieles andere auch. Wer so die Frage nach dem „lohnt es sich?“ stellt, kann sie getrost mit Nein beantworten. Darf sich aber nicht wundern, wenn in ein paar Jahren noch weniger Menschen von seinen Aktionen erfahren.

Denn die erste Frage muss sein: Erreiche ich eigentlich noch die Menschen, die ich erreichen will? Kirchliche Öffentlichkeitsarbeit nutzt nach meiner Beobachtung vielfach noch die Mittel, die in den 70ger und 80ger Jahren des letzten Jahrhunderts gut funktioniert haben und die durch (mittlerweile auch in die Jahre gekommene) Untersuchungen in ihrer Reichweite gut belegt waren: Gemeindebrief und Plakat. Übersehen wird, das papiergebundene Werbung und Öffentlichkeitsarbeit naturgemäß eines nicht kann, das den Sozialen Netzwerken zu ihrem Erfolg verholfen hat: das Teilen-Können (also das Weiterleiten und nicht das physikalisch Teilen eines Papierblatts). Jeder Post und jede Nachricht in den Sozialen Netzwerken lässt sich leicht weiter verbreiten und gewinnt dabei noch eine wertvolle Zutat: die persönliche Bindung.

Beispiel: Einen Artikel im Gemeindebrief kann Erna ihrem Mann Heinz zeigen und Heinz kann ihn ausschneiden und den Kollegen in die Arbeit mitbringen. Einen Post auf Facebook oder in anderen Sozialen Netzwerken wird durch Ernas Teilen zu Ihrer Empfehlung, die sie auch kommentieren kann: „Schaut mal, was ich in der Gemeinde gefunden habe. Da gehe ich hin. Heinz auch. Wer kommt mit?“ Größere Reichweiten sind so leichter möglich als via Papier.

Für die Frage „Lohnt es sich, als Gemeinde in die Sozialen Medien zu gehen?“ klären Sie also zuerst, welche Medien zur Öffentlichkeitsarbeit sie zu Zeit nutzen, wie viel Zeit Sie dafür aufwenden und wie viele Menschen Sie damit erreichen? Und – ganz wichtig – ob das die Leute sind, die sie erreichen wollen? Leichter fällt das übrigens mit einem Betrachter von außen, vielleicht aus einer entfernten anderen Gemeinde oder mit Journalisten der Lokalzeitung.

Wenn Sie zum Schluss kommen, Sie möchten mehr Menschen erreichen oder erreichen bisher die falschen, überlegen Sie, welches Medium verzichtbar ist oder auch mit weniger Aufwand zu machen ist. Und wenn Sie so eine halbe Stunde Arbeit pro Woche frei bekommen, überlegen Sie, mit welchem Sozialen Medium Sie ihre Zielgruppe besser erreichen.

Ganz grob: Jugendliche mit WhatsApp und Instagram und junge Erwachsene und Erwachsene mit Facebook. Diese halbe Stunde lohnt sich. Nach einem halben Jahr evaluieren Sie die Zahlen und dann können Sie weiter überlegen.

Und damit auch die drei Eingangsfragen beantwortet sind:
„Lohnt sich Facebook?“ > Unter Umständen sehr, es kann aber auch eine andere Plattform besser sein
„Kommen dann mehr Leute in den Gottesdienst?“ > Ich denke Ja. Aber haben Sie das bei anderen Medien auch schon untersucht?
„Wir haben ja schon so viel zu tun, jetzt auch noch Social Media!“ > Nicht “auch noch”. “Anstatt”.

(In der Reihe FAQs beantworte ich Fragen, die ich häufig bei meinen Fortbildungen höre. Meistens von kirchlichen Mitarbeitenden. So wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen in anderen Landeskirchen. Fall Sie eine Frage vermissen, schreiben Sie mir bitte eine Mail.)

Zu Gast in der Facebook-Welt

„Digital durchstarten“ will Facebook mit kleinen und mittleren Unternehmen und lädt auch mich als Admin einiger Seiten ein. Ins Studio 2 der BavariaFilm in München-Grünwald. Erster Eindruck: Man will hip sein. Effektlicht, Catering und sehr sehr motivierte Moderatoren. Hey, wir wollen mit euch was erleben! Ok, dann los.

Nach etwas farblosen Facebook-Verantwortlichen kommt der Grünen-Politiker Anton Hofreiter auf die Bühne. Spätestens jetzt könnte man mit BullshitBingo beginnen. Denn es fehlt an diesem Nachmittag keines der derzeitigen BuzzWords: Der Breitband-Ausbau in Deutschland hängt. Die Netzneutralität ist wichtig. Mehr Opensource und Opendata der Kommunen  … Toni Hofreiter gibt einen Überblick, auch darüber, was die Regierung derzeit nicht schafft. Wenn es um Konkretes geht, möchte er auch bei der folgenden Podiumsdiskussion gerne konkrete Vorschläge. Wird er aber nicht bekommen.

Die folgende Podiumsdiskussion ist unterschiedlich interessant. Wenn ein Startup für konservierte Echtpflanzen und grüne Wände ohne große Finanzen nur durch Digitalisierung starten kann, lernt der erstaunte Jungunternehmer, dass zu viel Erfahrung und alte Strukturen auch hinderlich sein können. Wenn eine alteingesessene Firma wie die Berliner Holzconnection mit jungen Köpfen den Schritt in der Digitalisierung wagt, hört man förmlich die knirschenden Transformationen. Doch es gelingt nur, wenn man alle mitnimmt. Vergangenheit jedenfalls klingt nach Zettelwirtschaft, Fax und Plakatwerbung. Von Vorteil ist da, keine (!) alte Struktur zu haben. Alles auch für Kirche interessant.

Dass Digitalisierung die Zukunft ist, daran hat – wen wundert‘s – an diesem Nachmittag keiner eine Zweifel. Und wer das noch nicht verstanden hat, bekommt immer wieder leider schon allzu bekannte Fakten über den Kommunikationswandel präsentiert. Der Raum voller Fachleute fühlt sich da oftmals etwas unterfordert. Ein Martin twittert „Ist das Niveau jetzt für Menschen, die schon halbwegs Bescheid wissen, oder für komplette Neulinge? Ich bin verwirrt.“ Er ist nicht der einzige. Und “Teresa ohne h” schreibt „Expertin rät davon ab, Fotos aus Internet zu klauen. Sagt mal, meinen Veranstalter diese Veranstaltung eigentlich ernst?“ und trifft den Nagel ziemlich gut. Twitter ist übrigens an diesem Nachmittag die Kommentarleiste der Veranstaltung, zu der es keinen offiziellen (!)  Hashtag gibt. Man ahnt weshalb. Oder schaut mal unter #digitaldurchstarten

Die „Workshops“ nach einer Pause – die man bitte zum Netzwerken nutzen soll und sich in der Warteschlange vor dem Facebookstand vertreibt – sind leider auch nur Frontalunterricht. Von unterschiedlicher Güte. Klar wird am Ende der Kundenversteher gewinnen. Manche Botschaften aber sind platt: “Nutzen Sie Vertrauenssiegel!” zum Beispiel. Denn das würde Kunden anziehen. Ich halte es da eher mit „Schaffen Sie Vertrauen“.

Auch schön: Der Newsfeed “lebt” wenn Videos von selbst starten … „Leben“ würde ich anders definieren. Überhaupt ist das Bemühen zu spüren, in der digitalen Kommunikation „echte“ Gefühle zu übermitteln und Kunden damit für sich zu interessieren. Dass dazu die sechs Like-Möglichkeiten bei Facebook zwischen „gefällt mir“ und „wütend“ eine etwas eingeschränkte Ausdrucksmöglichkeit ist, scheint vernachlässigbar.

Sehr platt aber dadurch auch sehr aufschlussreich die Reise mit einem Kunden durch seinen Tag. Wir begleiten Jana. Die schon am Frühstückstisch mit ihrer Freundin chattet und sich zum Sushi-essen am Abend verabredet. Die Schuhe liebt. Die mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt … viel von schöner neuer Welt, in der vernetzte Daten und Produktplacement alles ist. Wer jetzt kritisch die Augenbrauen hochzieht, verliert, denn die bloße Sicht auf einen Menschen als Konsumenten schärft die Ansatzpunkte für mögliche Kunden-Beziehungen. Und die Persona Jana fährt nicht zufällig mit dem ÖPNV. Facebook würde ungern den Handygebrauch im Auto empfehlen. Am Ende der Geschichte vernetzt sich alles mit allem und Jana wird einen schönen Tag mit tollem Essen und wundervollen neuen pinken Schuhen haben. So soll es sein in der Welt von Facebook und Google.

Interessant wird es bei Facebook-Partner-Manager Chris von den Hoff. Denn sagt mal, was in seiner Arbeit mit Unternehmen funktioniert hat  (Den Tipp hat der Vertreter der IHK auch schon gegeben: Schauen Sie nach guten Beispielen anderer). Ein Tipp: Videos müssen auch ohne Ton funktionieren, denn wenn sie auf Facebook starten können nicht alle Nutzer gerade auch den Ton anstellen. Ein anderer: Konsistente Bildsprache. Kunden müssen in den Bildern dein Unternehmen erkennen. Gleich, auch ohne Logo und Erklärung. Interessant auch: Zielen sie nicht auf Likes, sondern verfolgen sie ihre Unternehmensziele. Gelungen ist eine Werbung, wenn der Kunde kauft. Was das für Kirche heißen kann, wäre spannend zu ergründen. Ist eine Facebook-Werbung erfolgreich, wenn wir mehr Abendmahl austeilen oder Menschen sich taufen lassen?

Und wie geht das alles? Mit Facebook-Ads, also bezahlter Werbung auf Facebook. Das kann man kritisieren. Ja. Das kann man aber auch nutzen. Denn die Zielgruppe lässt sich immer genauer eingrenzen. Meine Frage an die freundliche Dame am Facebook-Schalter, warum Facebook es nicht schafft, Hass-Kommentare zu filtern, die uns als Kirche treffen, wenn wir zum Beispiel „Religion“ als Interesse bei einer Werbung zum Thema Flüchtlinge einstellen, wurde so beantwortet: „Vielleicht nehmen Sie einfach andere Interessen, die mehr emotional gesteuert sind.“ Also eher nach Nächstenliebe suchen als nach Religion? Hm, … muss ich noch drüber nachdenken.

Klar ist aber auch: Bezahlte Kontakte sind das Geschäftsmodell Facebook. Was als Plattform für Menschen in ihrem Alltagsleben daher kommt , wird für Unternehmer zum einfachen und zielgenauen Tool, um neue Kunden zu erreichen. Attraktiv für StartUps und innovativ, weil es eben die Grenze zwischen Werbung, MitarbeiterAquise und Privatleben verschwimmen lässt und genau deswegen auch – vielleicht zu recht – von so manchen kritisiert. Nur als Tool betrachtet ist es ziemlich nützlich. Und was Facebook hier kann, findet man im E-Learning-Kanal Blueprint.

Die GretchenFrage zum Schluß: Lohnt sich „Digital Durchstarten“?

Ja, mindestens dazu, um zu prüfen ob man in etwa auf aktuellem Stand in Sachen Vorteile der Digitalisierung ist. Und auch, um zu begreifen, wie Facebook und Google so ticken. Denn die wollen die Welt ein bisschen besser machen. Wollen wir ja alle. Irgendwie.

Videostream – Technisches

Veranstaltungen im Internet zu streamen ist eigentlich kein Hexenwerk. Technisch anspruchsvoll finde ich es trotzdem. Hier unsere Erfahrungen mit dem Videostream der #elkbsynode.

Bambuser
Nach guten Erfahrungen der EKiR haben wir uns als Streaming-Plattform für Bambuser entschieden. So lässt sich (im Notfall) sowohl über die App also auch über Software streamen. Nachteil: Bambuser arbeitet noch mit Flash. Aber das ändert sich vielleicht mal. Via App ist der Acoount kostenlos. Für Softwarelösung fallen monatliche Kosten an. Um die maximale Statistik und Playereinbindung zu haben, fiel die Wahl auf den Tarif „Standart“. „Baisc würde sicher auch reichen, hat aber das Bambuser-Logo eingeblendet. Und auch das ist wichtig: Der Support der Schweden ist erste Klasse!

Wirecast auf dem Laptop
Als Software-Lösung bieten sich die kostenlose Open Broadcaster Software (OBS) oder Adobe Encrypt an oder das Programm wirecast aus dem Hause Telestream. Wir benutzten wirecast. Größter Vorteil sind sehr gute Inserts und mehrere Kameras. Dazu gleich mehr.

Als Rechner wählten wir ein HP ZBook 15 G2 mit Windows 8, Intel Core i7 (2,5 GHz), 16GB und 1TB SSD. Die CPU-Last sollte trotzdem bis 80% gehen! Sehr luxuriös aber sehr gut erwies sich die Box Blackmagic UltraStudio Express über Thunderbolt angesteuert. Sie verarbeitet sämtliche Kamerasignale und lässt auch Audio-Einspeisungen über Chinch oder XLR zu. Der Saalton kann problemlos eingebunden werden. Und wer noch einen kleinen Mischer davor schaltet, kann sogar den Ton verbessern. Für die Soft- und Hardware haben wir gute Erfahrungen mit Picturetools aus Hamburg gemacht.

Kameras
Hier wird es spannend. Denn das System wird etwas divenhaft. Eine Profi-HD-Kamera mit HDMI-Ausgang haben wir uns über den sehr preisgünstigen Verleih INDYCINE besorgt. Zusätzlich sorgten zwei Logitech C920 (nur über USB 3.0! Achtung, wirecast unterstützt nicht alle Webcams!) für Bilder vom Podium und aus dem Plenum. Problem: Der USB 3.0 Bus ist sehr schnell beleidigt und bringt das System manchmal zum Absturz. Bewährt hat sich folgenden Reihenfolge: 1. Rechner ein, 2. UltraStudio ansteuern, 3. Kamera anschalten, 4. dann erst HDMI-Verbindung einstecken, 5. Signal in der richtigen (Da ist Probieren angesagt) Einstellung liefern lassen, 6. wirecast hochfahren, 7. HDMI-Signal finden lassen, und dann erst 8. die USB-Kameras einstecken. Funzt! Andere Reihenfolgen haben bei uns keinen Erfolg gebracht.

Herausforderungen
Soll mit einer beweglichen Kamera gefilmt werden, braucht es einen extra Kameramann. Die Bildmischung und vor allem das Schreiben und Onlinestellen der richtigen Inserts ist ein FullTimeJob. Für die Synodaltagung war es hilfreich, möglichst viele Inserttexte anhand der Tagesordnung vorzubereiten und in einem Google-Drive abzulegen. So war auch bei Aussprachen meist das richtige eingeblendet.
Auch zu bedenken ist die Wechselwirkung von Veranstaltung und Stream. Die Übertragung im Internet ist zwar grundsätzlich genauso Öffentlichkeit wie Zuschauer auf der Besuchertribüne. Aber dann doch irgendwie anders.

Kosten
Die Anschaffungskosten für die Technik sind nicht ohne, machen sich aber bezahlt. Teuerster Posten waren die Leihgebühren für die HD-Kamerra, die aber mit ihrer guten Optik sehr gute Bilder lieferte und außerhalb der Übertragungszeiten für Reportagen verwendet werden konnte.

Fragen? Gerne per Mail an mich.

Was Engel und Trolle so denken – die #ecic21

Zum 21ten mal ECIC, European Christian Internet Confernce dieses Mal in der Nähe von Göteborg. „Between Angels and Trolls – a web of emotions“ das Thema. Die Erkenntnisse: Menschen reagieren im Netz so wie außerhalb. Wer erwartet, im Internet sei alles weniger ernsthaft, nicht echt oder irgendwie nur „virtuell“ wird enttäuscht. Das Netz ist voller Gefühle.

A web of emotions

Das zeigten zuerst Peter Ljungstrand und Magnus Eriksson vom „Interactive Institute“. Ihre Botschaft: Die Computerwelt war von Anfang an emotional. Die ersten „Hacker“ suchten in den 50gern bei Problemen nach Lösungen, die nicht in den Handbüchern standen. Voller Leidenschaft. Wenn in den  90gern mit Personal (!) Computern und Internet Teilhabe möglich war. Oder wenn mit den Social Media die Angst um die Daten und vor Veränderungen in die Welt kamen.

Aber auch diese Erkenntnis ist wichtig (wie Facebook in einem Feldversuch 2014 feststellte): Negative Nachrichten produzieren negative Posts und Kommentare, positive positive. Was wir wahrnehmen, verändert unser Verhalten und Denken.

Ljungstrand und Eriksson betrieben dabei offene Hermeneutik: Wer Neuland erforschen will, bereist es oft nicht vollständig sondern muss mit Ergänzungen leben. Als Beispiel diente eine Landkarte der Insel (!) California aus dem 17.Jahrhundert. Auch beschreiben wir Neues mit alten Bilder. So waren die ersten Autos „pferdelosen Kutschen“. Gefangen in Sprachbildern ertasten wir Neues. Und Zukunftsvisionen werden nie so sein wie die letztlichen Entwicklungen.

Der erste volle ECIC-Tag brachte dann mit Gustav Martner einen Internet-Haudegen. Seine Erkenntnis zum Thema „Emotions and Marketing“ aus meiner Sicht: Waren es früher einzigartige Produkte, die sich auf dem Markt durchsetzten, haben heute haben ziemlich alle Markt-Teilnehmer die gleichen Chancen. Dabei sind Innovationen fast immer eine Erweiterung menschlicher Möglichkeiten. Marshal McLuhan fragte daher 1960 (!) Im Buch „The Global Village“ (Dieser Titel entstand schon damals!): Was wird erweitert? Was macht es überflüssig? Welche Möglichkeiten erschließt es? Was folgt aus der Entwicklung, das sich nicht mehr ändern kann? Nahezu jede Entwicklung lässt sich so einordnen.

Persönlicher wurde  Gustav Martner, als er von seinen Erfahrungen auf dem Bahnhof in Göteborg. War er wie andere Freiwillige gekommen, um gestrandeten Flüchtlingen Kaffee und Decken zu bringen, stand am Ende seine Initiative „Refugee Phones“, die gespendete gebrauchte Handys an Flüchtlinge verteilt. (Wer das in Deutschland umsetzen will, bekommt von Gustav die Rechte am Claim!). Die „Erweiterung“ des Smartfone bekam hier eine völlig neue Dimension: Denn jetzt ist es der Krieg, der sich in unser Smartfone fortsetzt. Martners Hoffnung: Wenn es „the first war in your phone“ gibt, gelingt uns hoffentlich bald auch „the first peace in your phone“ zu haben.

Auch sein zweites Beispiel für den menschlichen Reflex, unterbewusst neue Informationen abzuwehren, die vordefinierte Werte bedrohen, war sehr persönlich. Denn die Ärzte sagten ihm und seiner Frau beim ersten Ultraschall, dass ihre Tochter eine kleinere Hand mit nur zwei Fingern haben würde. Während andere Eltern da eine Abtreibung erwogen, suchte das Paar nach weiteren Informationen und fand heraus, dass Kinder mit diesen Missbildungen statistisch besser durchs Leben kämen als Kinder ohne. Denn eine fehlende Hand lässt sich leicht durch eine „Erweiterung“ ersetzen. Und zudem sind abgetrennte Gliedmaßen eine häufige Unfallfolge und niemand würde daran denken, einen Menschen deswegen zu töten. Angewandt auf Organisationen hieße das: „What would i think, if I wasnt afraid? Denn der größte Hemmschuh sind die eigenen Befürchtungen. In Institutionen stehen oft Werte und Positionen dem Wandel im Weg. Möglichkeiten für Wandel: Einen Prototype in anderem Zusammenhang bauen und andere einladen, das auch in größerem Zusammenhang zu fördern. Oder: Nicht mit den Verantwortlichen direkt sprechen sondern so zu handeln, dass du in deren Agenda erscheinst.

Fragen online und offline

Charlotte Frycklund von der Schwedischen Kirche gab Einblick in ihre Arbeit. Zur einen Hälfte ist Sie Seelsorgerin und zur anderen Hälfte ist sie Seelsorgerin. Das eine analog, das andere online. Ihre nüchtern vorgetragene Erkenntnis: die Fragen die Menschen einer Seelsorgerin stellen sind online wie offline dieselben. Es geht um psychische Probleme, Daseinsängste, Suizidgedanken, Beziehungsprobleme und wirtschaftliche Sorgen. Die Offenheit der Menschen ist dabei digital und nicht digital gleich. Ihre Fragen können Sie aber im Internet viel leichter adressieren, da hier wesentlich leichter und anonymer Gleichgesinnte und Menschen mit gleichem Schicksal zu finden sind. In einem Satz: OnlineSeelsorge ist möglich und nötig.

Networking und digital songbook

Großen Raum nimmt auf jeder ECIC das Networking, der Austausch zwischen Teilnehmern ein. Vertreten waren Schweden, Finnland, Deutschland, England, Schweiz, Polen, Italien und Lutherischer Weltbund und Ökumenischer Rat der Kirchen (Hoffentlich habe ich da niemanden vergessen). Alleine die Gespräche in den langen schwedischen Abenden sind die Reise wert! Das Netzwerk funktioniert ja auch das Jahr über und lebt davon, dass persönliche Kontakte gewachsen sind.
Erstaunlicher Weise zum ersten Mal gab es zu allen Gottesdiensten und Morgenandachten kein Papier mehr. Die Teilnehmer lasen und sangen von Handys und IPads mit. Wo wenn nicht auf einer Internetkonferenz wirkt das selbstverständlich. Ich denke, in ein paar Jahren ist es auch in Kirchengemeinden üblich.

Andere Zusammenfassungen und #ecic22

Einen weiteren deutschsprachige Rückblicke der #ecic21 gibt  Ralf Peter Reimann mit Schwerpunkt auf den Tell-your-story-Sessions . Ein Storify hat Johannes Loest zusammengestellt. Alle Sessions auf Video sind auf dem ECIC-YouTubeKanal zu finden.

Die nächste ECIC findet in Polen von  25. bis 28. April 2017 statt. Vormerken. Alle Infos dazu hier.

#WerBinIch – FernsehGottesdienst online mitfeiern

Erstmals könnt ihr am 29. Mai von 10 bis 11 Uhr einen Fernsehgottesdienst live und online mitfeiern. „Wer bin ich?“ heißt die Frage, die sich Evangelische Hochschul- und Studierenden-Gemeinden aus München und Bamberg vorgenommen haben. Mitwirkende sind neben Studenten und Studentinnen die Slamerin Fee Brembeck, der Chor der TU München und die Musikstudentin Alma Naidu mit eigenen Liedern. Der Gottesdienst wird live aus der Christuskirche in München übertragen. Liturg ist Pfarrer Raphael Quandt und Pfarrerin Dr. Claudia Häfner predigt.

 

Hier findet ihr alle Informationen dazu.

Der BR bietet die Übertragung im BR-Fernsehen an und auch im Videostream
www.br.de/mediathek/video/index.html (Den Direktlink posten wir ab Sendebeginn auf Twitter)

Ihr könnt euch im second screen an diesem Gottesdienst beteiligen:
> Postet auf Twitter und Instagram unter dem Hashtag #WerBinIch
> Wir posten als @elkb den Ablauf des Gottesdienstes sowie Hintergrundinfos
> Auf Facebook www.facebook.com/EvangelischLutherischeKircheInBayern
stellen wir einzelne Teile des Gottesdienstes zum Gespräch bereit.
> Wenn ihr wollt schickt Fürbitten via Twitter oder Facebook, die wir (in Auswahl) an das Team in der Kirche weitergeben.

Die Lieder des Gottesdienstes findet ihr zum Mitsingen hier:

“Dich rühmt der Morgen“ (aus dem Liederbuch „Kommt, atmet auf“ 0165) > hier die Noten
„Da wohnt ein Sehnen“ (aus dem Liederbuch „Kommt, atmet auf“ 074) > hier die Noten
„Geh unter der Gnade“116″ (aus dem Liederbuch „Kommt, atmet auf“ 0116) > hier der Text

Infos zu den Mitwirkenden:

Der TUMChor – die Stimmen der TUM
Der TUMChor, 2013 gegründet, vereint Studierende, MitarbeiterInnen, Dozenten, Absolventen und Freunde der Technischen Universität München darin, ihre Stimmen für die TUM und besondere Events des Uni-Lebens erklingen zu lassen. Gemeinsam mit dem Symphonischen Ensemble München gestaltet der Chor unter der künstlerischen Leitung unseres Dirigenten Felix Mayer alljährlich die TUM Adventsmatinee in der Philharmonie im Gasteig. Hinzu kommen immer wieder auch kleinere Veranstaltungen, die der TUMChor festlich-musikalisch umrahmt, wie die Eröffnung eines neuen Forschungszentrums und anderes.

Der TUMChor arbeitet in einzelnen Projekten. Erhalten wir zum Beispiel die Gelegenheit, den Fernsehgottesdienst der evangelischen Hochschulgemeinden mitzugestalten, finden sich diejenigen Sängerinnen und Sänger zusammen, die in kurzen, konzentrierten Probenphasen die Stücke erarbeiten und dann zur Aufführung bringen. Selbständigkeit ist hier gefragt – alle Sänger bereiten sich selbst ausgiebig auf die Proben vor, sodass wir gleich am Feinschliff arbeiten und in kurzer Zeit ein anschauliches Programm auf die Bühne bringen können.

Durch den Projektcharakter ist der TUMChor immer wieder offen für neue, engagierte Sängerinnen und Sänger, die Lust haben, mit einem großen Chor und Orchester aufzutreten. Bei den Proben begegnen sich Studierende und Dozenten, Mitarbeiter aus der Verwaltung treffen auf Ehemalige, Erstsemester kommen mit Absolventen ins Gespräch, die die TUM vielleicht schon seit vielen Jahren verlassen haben und über den Chor Kontakt zu ihrer alten Uni pflegen – so wird die Chorgemeinschaft lebendig und zu einer wesentlichen künstlerische Bereicherung des Uni-Lebens.

Neugierig geworden? Lust, mitzusingen? Dann bitte eine Mail an chor@tum.de – wir freuen uns auf Eure Stimmen! Mehr Infos dazu hier.

Slam Poetry: Fee
Fee ist 22 Jahre alt und studiert evangelische Theologie und Germanistik auf Lehramt. Außerdem ist sie Poetry Slammerin, das heißt, sie tritt mit ihren selbstgeschriebenen Texten auf Bühnen im gesamten deutschsprachigen Raum auf. Im Dezember 2012 erblickte sie zum ersten mal das Scheinwerferlicht der Poetry-Slam-Bühne, bereits im April 2013 stand sie im Finale der bayerischen Meisterschaften, im Sommer wurde sie deutschsprachige Meisterin in der Kategorie U20. Sie tourt neben dem Studium durch Deutschland, Österreich und die Schweiz und ist für das Goethe-Institut auch schon nach Madrid gereist. Außerdem ist sie Mitglied der einmal im Monat stattfindenden Münchner Lesebühne „Die Stützen der Gesellschaft“. Im Herbst 2015 erschien ihr erstes Jugendbuch „Mach Fehler!“ beim jüngsten Verlag der Friedrich-Oetinger-Verlagsgruppe. Fee ist zudem in mehreren Anthologien vertreten.
Den Text aus dem Gottesdienst findet ihr hier auch als YouTubeVideo.

Pfarrer Raphael Quandt
35 Jahre alt, Theologiestudium in Neuendettelsau, Leipzig, Montevideo (Uruguay) und Erlangen. Vikariat in Nürnberg-Ziegelstein. 2010-2014 Pfarrer in einem Vorort von Santiago de Chile (über Mission EineWelt). Seit 2014 Studierendenseelsorger und Hochschulpfarrer in Bamberg.
Was mich am Pfarrersein begeistert: Mit Menschen über Leben und Glauben im Gespräch sein. Mal kurz und knapp, mal in aller Tiefe. Zeit haben für Menschen auf der Suche. Die frohe Botschaft mitten im Leben entdecken.
und die ESG Bamberg
Als Hochschulseelsorger bin ich Pfarrer einer ganz besonderen Gemeinde: Der Studierendengemeinde an der Bamberger Uni. Heute studierend dort ungefähr 13.000 Menschen, hinzu kommen weit über 1000 Mitarbeiter*innen und Lehrende. Als Studierendengemeinde sind wir mitten drin im Leben der Uni: Unser Haus liegt zentral in Bamberg und ist eigentlich immer geöffnet. Dort finden Studierende nicht nur eine Oase und Auszeit im Unialltag, sondern auch Raum zum Lernen, für Gespräche und für den Glauben. Jeden Tag feiern wir eine Mittagsandacht – genau 15 Minuten lang, damit keiner zu spät im Hörsaal sitzt.
Kernstück des Gemeindelebens aber sind die esg-Abende dienstags. An diesen Gemeindeabend organisieren wir ein abwechslungsreiches Programm: Themenabende zu aktuellen Fragen, Diskussions- und Gesprächsrunden, aber auch Gemeinschaftsprogramm und ökumenischen und interreligiösen Begegnungen. Schottischer Tanz? Gespräch mit einem Bestatter über unsere Bestattungskultur heute? Diskussion mit einem Theologieprofessor über „dunkle Stellen“ in der Bibel? Begegnung in der örtlichen Moschee? Kanufahren? So vielfältig sind die Gemeindeabende in einer Hochschulgemeinde!
In der esg ist es niemals still, und schon gar nicht am Donnerstagabend, wenn unser studentischer Posaunenchor probt. Es ist gut, dass immer etwas los ist! Oft denke ich, die Arbeit in einer Studierendengemeinde hat viel gemeinsam mit dem Leben der ersten Christinnen und Christen: Auch sie versammelten sich in Häusern und rund um Tische (das gemeinsame Essen ist enorm wichtig in der esg). Vieles ist in einer esg freier und spontaner, als in der klassischen Gemeinde – und gleichzeitig sind meine Aufgaben als Pfarrer gar nicht so anders: Gottesdienste feiern, Seelsorge anbieten, Gemeindeleben planen und organisieren, Gruppen und Kreise begleiten, Öffentlichkeitsarbeit machen… und das wichtigste: Jeden Tag mit Menschen im Gespräch sein über ihr Leben und ihren Glauben.
Wer mehr wissen möchte findet uns unter www.esg-bamberg.de und https://www.facebook.com/esgbamberg/. Oder man kommt am Markusplatz 1 in Bamberg auf einen Kaffee vorbei.

Pfarrerin Claudia Häfner
42 Jahre alt, verheiratet. Ich habe drei Töchter (6, 9, 12 ) und einen Sohn (1).

Ich bin in einem Dorf in Oberfranken aufgewachsen. Gott war für mich von klein auf eine wichtige “Bezugsperson”. Nach dem Abi habe ich ein Jahr lang mit psychisch kranken Jugendlichen gearbeitet. Danach habe ich in Neuendettelsau, Erlangen, Buenos Aires und München Theologie studiert. Seit 1999 bin ich Pfarrerin. Ich war in einem Unternehmen und in vier Münchener Gemeinden. Seit 2014 bin ich an der Technischen Universität München. Ich bin auch Systemische Beraterin (DGSF). Als Pfarrerin werde ich oft um vertrauliche Beratung und Seelsorge angefragt. Wir bieten in unserer kleinen Hochschulgemeinde vieles an: vor allem Studierende treffen sich wöchentlich zum gemeinsamen Essen, Musizieren, Gottesdienst feiern, Meinungen austauschen. Einmal im Jahr fahren wir auf eine Hütte in den Bergen. Wir sind ein offenes Haus: jeder ist willkommen! Egal ob und an wen er glaubt. Egal wie alt. Egal welche Nationalität. Egal welche Sprache jemand spricht-  hier sprechen wir Französisch, Englisch, Deutsch, Spanisch, Georgisch und Arabisch.
Wer mehr wissen möchte findet uns unter www.ehg-tum.de und facebook.com/EHG.TUM

Verantwortlich

Der Gottesdienst mit second screen ist eine Kooperation der „Beauftragten der Evang.-Luth. Kirche in Bayern für Hörfunk und Fernsehen beim Bayerischen Rundfunk“ mit der „Projektstelle Social Media und Networkmanagement im Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Publizistik“. Die Idee und Konzeption des Social Media Teils liegt bei Pfarrer Christoph Breit.

Nachlese re:publica 2016

Die #rpTEN feierte sich selbst. Jedenfalls zu Anfang. Wahnsinn! Zehn Jahre re:publica und es ist so toll dass ihr alle sein! So der Tenor des  Eröffnungspanel . Mehr als die Hälfte allerdings waren zum ersten Mal da. Wenig Kontinuität. Und die alten Kämpfer wie Sascha Lobo und andere Netzaktivisten wirkten bemüht, vor allem die Jüngeren zu bewegen. Der Ruf „Wir müssen das freie Netz auch für nachfolgende Generationen bewahren!“ wirkte teilweise verloren gegenüber jungen Speakern, die keine Sorge hatten, dass Konzerne Daten sammeln. „Ich leb mein Leben trotzdem“.

Der Hype um Snapchat

Für einen Hype sorgte die Plattform Snapchat. Was angeboten wurde, war rappelvoll. In „Snapchat für Erwachsene“ Joshua Arntzen den älteren diesen Dienst. Der Schüler konnte wegen Schule nicht kommen und ließ sich via Skype aus seinem Kinderzimmer zuschalten. Ansehen sollte man sich das Ganze in Ausschnitten. Um Mitreden zu können.
Wie auch „Let’s snap it: How organisations can use Snapchat“. Franziska Broich erzählte vom Snapchat-Kanal des Europäischen Parlament mit – sagen wir – schlichten Beispielen.
Mein Fazit zu diesem Thema: Nein, Jugendliche wollen mit der ErwachsenenWelt nichts zu tun haben und Ja, Snapchat ist für eine begrenzte Zeit das Medium dazu. Wer diesem Trend aber nachläuft, läuft eben dem Trend hinterher. Auch wenn’s das jüngste Network derzeit ist. Wer in der Jugendszene allerdings schon aktiv ist, sollte auch auf Snapchat Kontents umsetzen.

Hass im Internet

Ein weiteres großes Thema war der Umgang mit Hasskommentaren im Netz. Carolin Emcke lieferte in „Raster des Hasses“ dazu die theoretische Einordnung (Video ist derzeit noch nicht verfügbar). Und Ingrid Brodnig, Autorin des Buches „Hass im Netz“ erklärte, warum Hass sich verbreitet. Demokratie, so Brodnig, hieße eben auch, dass Idioten auch mal Sachargumenten begegnen. Wer bei Hasskommentaren aber Hoffnung auf Veränderung habe, warte vergeblich. „Es wird nicht passieren, dass es das eine Argument gibt, bei dem sich Hass-Poster an den Kopf fassen und sagen: Ah jetzt habe ich’s kapiert!“ Diese Erkenntnis käme nicht, die Leute verschwänden einfach aus der Diskussion.
Interessant auch in diesem Zusammenhang der Hinweis auf das Berufsprofil von Community-Managern: „In der realen Welt gibt es Sozialpädagogen, die mit Konflikten umgehen können. Im Netz machen das Journalisten. Die brauchen vielleicht eine sozialpädagogische Schulung.“ Aufklärung gab es über den Charakter der Aktionen von AfD und Pegida und Konsorten: Die gingen recht konzertiert vor: Straßenaktionen, Rechtsstreitigkeiten, Störung von Aufführungen seien geplante Mittel der Eskalation, der Ziel auch immer sei, die eigene Community zu stärken. Man dürfe sich, so Brodnig, auch nicht zu Aussagen hinreißen lassen, die man früher nicht für gut geheißen habe. „Wir dürfen die Komplexität nicht verlieren!“, so ihr Appell.

Schonungslose Wahrheiten von Gunter Dueck in „Cargo-Kulte“

Was sind Cargo-Kulte? Die Erklärung: Im zweiten Weltkrieg wunderten sich Melanesier, dass immer dann, wenn die Fremden (Amerikaner im Krieg gegen Japan) auf einen Turm (“Tower”) stiegen und beteten, deren Vorfahren Flugzeuge voll beladen mit Essen schickten. Da bauten sie Türme und beteten auch … .
Mit feiner Ironie zerlegte Gunter Dueck in einer sehr lohnenden Stunde die verschiedenen Mantren und Heilslehren in Politik, Wirtschaft und Kultur. Wie „Leuchtturm-Projekte“. Da seien viele einfach zu faul, nachhaltig zu arbeiten. Oder Arbeitsgruppen, die, wenn das Brainstormen nichts mehr hilft, wieder auf den Tower steigen und gemeinsam um Lösung der Probleme beten. In der Reihe der Vorträge dieses Jahr für mich Platz 1.

Product-placement

Deutlich wahrnehmbar gab es auf der #rpTEN Werbung. Notdürftig versteckt in Vorträgen. So gab Mark  Little, Twitter’s „vice president of media“ für Europe and Afrika in “What’s Next for Twitter and News?” einen Einblick in zukünftige Pläne. Twitter, so Little, sei dabei das entscheidende Medium, um Menschen mit aktuellen Nachrichten zu erreichen, selbst wenn diese gar nicht bei Twitter seien. Denn, so belegten etliche Zahlen, via Tweet verbreiteten sich News am schnellsten auch über das Netzwerk hinaus. Viele Zeitungen und Fernsehsender beriefen sich auf Twitter.
In ein ähnliches Horn stieß Ronald Horstman, Geschäftsführer der Agentur Studio 71, der das Geheimnis um Erfolg auf YouTube löste: Leidenschaft, Begeisterung, ein gutes Thema und harte Arbeit verhülfen zum Erfolg. Und Glück bräuchte man auch. Aha. Das Beispiel „Fun Family Pack“ mit einer amerikanischen Familie mit fünf Kindern war für viele dann eher zum Gruseln. Die posten jeden Tag ihres Lebens. So geht Erfolg. Naja.

Jahresrückblick Social Media Recht

Einen Klassiker auf der re:publica gab es auch dieses Jahr: Den Jahresrückblick Social Media Recht der Juristen Thorsten Feldmann und Henning Krieg, die häufig nicht einer Meinung sind aber unterhaltsam Beispiele aus der Praxis juristisch zerlegen. In diesem Jahr schaltete sich Erika Steinbach sogar live via Twitter in die Diskussion ein. Das Video gibt es leider nur auf Facebook.

Alte Säcke Politik – Wie wir eine Zukunfts- statt Angstdebatte führen können

Für mich teilweise etwas verletzend aber sehr treffend beobachtet war das Panel von Wolfgang Gründinger. Die Debatte sei bestimmt von „Alte Säcken“, die gerne alles so weiter haben würden, wie in der guten alten Zeit. Notwenig sei aber eine Zukunfts- statt einer Angstdebatte führen. Auch das ansehen!

Tolle Idee: Der Lizenzhinweisgenerator

Ein kleines Fundstück ist der Lizenzhinweisgenerator von Wikimedia. Er verhilft zu jedem Bild aus Wikipedia zu den rechtlich eindeutigen Lizenzangaben für Creative-Commons-Inhalte.

Gute Aktion für Flüchtlinge: Yallah Deutschland

Yallah ist ein zweisprachiges Medium für junge Menschen, die sich für Themen rund um Flüchtlinge interessieren. Yallah ist Journalismus optimiert für kleine Bildschirme. Der Clou: Flüchtlinge können ihre Fragen stellen und das junge StartUp versucht sie möglichst einfach und kurz zu erklären. Auf Deutsch und Arabisch. Im Netz, auf Facebook und Twitter. Mehr unter http://de.yallahdeutschland.de

Weitere Rückblicke von Ralf Peter Reimann und Rieke Harmsen

Die re:publica ist auch ein Treffen der Akteure aus dem kirchlichen Raum. Zwei weitere Summaries empfehle ich hier: Ralf Peter Reimann (Evangelische Kirche im Rheinland) und Rieke Harmsen (Evangelischer Presseverband/epd)

 

 

Hasspostings und falsche Nachrichten über Flüchtlinge

Seit Pegida mit dem Begriff „Lügenpresse“ jegliche Berichterstattung in Zeitung, Rundfunk und Fernsehen diskreditiert, häufen sich vor allem in den Sozialen Medien Hasspostings und bewusst falsche Meldungen. Das Ziel: Willkommenskultur soll als angebliche Motivation für Flüchtlinge dargestellt werden und Hass gegen Menschen wird geschürt. Das Wort „Lügenpresse“ bekommt damit einen ganz anderen Sinn: bewusst erfundene Propaganda, die sich auf freie Meinungsäußerung beruft.

Aus aktuellem Anlass dazu von mir drei LinkTipps.

#nohatespeech: Wie reagiert man auf Hass im Netz?

Vernetzte Kirche hat zusammen gestellt, wie man Hasspostings im Netz begegnen kann. Denn der Giftpilz von Trollen und Shitstorms breitet sich immer mehr aus. An vielen Stellen schlägt einem im Netz beängstigender Hass entgegegen. Anonym und mit Klarnamen wird gehetzt und Stimmung gemacht, Menschen werden diskriminiert, Lügen und Angst verbreitet und zu Mord und Totschlag aufgerufen. Wir sprechen von “Hate Speech”. Sind Netzwerke noch “sozial”? Hintergründe und Informationen dazu hier.

Radikal dank Facebook?

Wieso wuchert der Hass vor allem in Sozialen Netzwerken und hier besonders bei Facebook. Es scheint ja so, als ob derzeit immer mehr Menschen immer radikalere Positionen vertreten – oder ist es wirklich so? Spiegel Online belegt: Das Netz fördert gesellschaftliche Extreme. Denn Plattformen wie Facebook zeigen dem User immer mehr von dem, was ihm schon gefällt. Die eigene Wahrnehmung ist so in einer Art „Echokammer“ gefangen, in der sich die Kommentare gegenseitig verstärken. Eine interessante Analyse hier zu lesen.

Neues aus Gerüchteküche … widerlegt!

Flüchtlinge würden Schwäne schlachten und Mädchen verschleppen … viele Horrormeldungen in den Sozialen Medien werden vielfach bewusst falsch in die Welt gesetzt. Dagegen arbeitet mimikama, die Internationale Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Internetmissbrauch und zentrale Anlaufstelle für Internetuser, die verdächtigte Internetinhalte melden. Sie überprüfen im Netz gepostete Videos und Bilder auf ihre Richtigkeit und entlarven dabei viele Fälschungen. Ein anderes Projekt geht da noch weiter. Hoaxmap geht Falschmeldungen nach und postet den wahren Sachverhalt auf einer Deutschlandkarte. Sehr hilfreich in der Argumenatation mit Pegida- und AfD-Freunden.

Projektstelle Social Media – ein Zwischenstand

Social Media und Networking der ELKB

Bis zum Projektstart am 1. Juni 2013 konzentrierten sich die Social-Media-Aktivitäten in der institutionellen Kommunikation der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) im Wesentlichen auf eine Facebook-Seite, die von einem Ehrenamtlichen zusammen mit den Verantwortlichen für Internet im Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Publizistik (P.Ö.P.) gepflegt wurde. Die Seite hatte 1.250 Likes und eine Reichweite von bis zu 4.000 Nutzern.

Seit Einrichtung der Projektstelle im Referat P.Ö.P.  hat sich die Nutzerzahl dieser Seite mit über 3.700 (Stand Dezember 2015) fast verdreifacht und erreicht wöchentlich bis zu 40.000 User. Weitere elf Facebook-Auftritte kamen hinzu. Seit September 2013 ist @elkb auf Twitter aktiv und berichtet während der Synoden und bei anderen wichtigen Ereignissen. Knapp 300 User folgen den mittlerweile über 1300 Beträgen, darunter Journalisten und Nachrichtenagenturen.

Zugenommen hat die Berichterstattung auf YouTube: Videos werden durch die Projektstelle sowie durch den Pressesprecher produziert. Für Audio-Beiträge gibt es einen Kanal auf soundcloud. Auf Instagram läuft in Kooperation mit der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) die Bilderwelt #evangelisch.

Neben der Kommunikation im Web 1.0 ist die im Web 2.0 dabei, fester Bestandteil der Institutionenkommunikation der ELKB zu werden. Eine Entwicklung, die trotz der bereits erzielten Erfolge in der Reichweite noch großes Potential hat.

1.  Was ist geschafft?

Landeskirche und EKD
Die Projektstelle ist angesiedelt im Referat P.Ö.P. und damit eingebunden in die landeskirchenweite Öffentlichkeitsarbeit der ELKB. Demzufolge ist ein wichtiger Teil der Projektstellenarbeit die Beratung derjenigen Mitglieder der Kirchenleitung, die diese Beratung oder auch kontinuierliche Begleitung ihrer Social Media-Aktivitäten nachfragen. Informelle Zusammenarbeit besteht mit den Kirchenkreisen, die sich in Social Media engagieren.

Seit der Wahl des bayerischen Landesbischofs zum EKD-Ratsvorsitzenden geschieht die Begleitung seiner Facebook-Aktivitäten auch in Abstimmung mit der Team der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der EKD.

Schulungen für Dekanate, Arbeitskreise und Konferenzen sowie im Predigerseminar
Die Kommunikation in Social Media ist umso erfolgreicher, je größer die Reichweite ist. Es galt und gilt nach wie vor, Menschen für die Kommunikation über diese Medien zu interessieren und zu schulen. Das ist zunächst einmal Aufgabe der „Vernetzten Kirche“ im Evangelischen Presseverband für Bayern. Anfragen direkt an die Projektstelle gelten vor allem dem Thema „Kirche und Social Media“ und Fragen der Konzeption von Öffentlichkeitsarbeit und der Rolle der Social Media in ihr. Vorträge und Schulungen können hierzu angefragt werden.

Genutzt haben das Angebot bisher einige Dekanatsbezirke (z.B. Kempten, Rothenburg, Leutershausen, Feuchtwangen oder Würzburg). Die „Road Show“, eine Informations- und Fortbildungsveranstaltung in den Regionen in Kooperation mit der für Medien zuständigen Abteilung D (Gesellschaftsbezogene Dienste) im Landeskirchenamt, dem Amt für Gemeindedienst (AfG), Vernetzte Kirche, Web-to-print, der Evangelischen Medienzentrale (EMZ) und der Kirchlichen Informationsverarbeitung (KIV) im Landeskirchenamt (zuständig für das ELKB-Intranet), fand im Kirchenkreis Bayreuth statt und ist für Frühjahr 2016 in weiteren Kirchenkreisen geplant.

In den Publizistik-Kursen des Predigerseminars Nürnberg ist „Social Media“ inzwischen an einem halben Tag Thema. Beraten werden auch Mitglieder der Landessynode, überparochiale Dienste und Verantwortliche im Landeskirchenamt. Hinzu kommen immer wieder Anfragen aus Gemeinden sowie von anderen nichtkirchlichen sozialen Institutionen.

Aktuelle Informationen und Diskussionsbeträge werden hier im Blog der Projektstelle „elkb2punkt0“ (auf wordpress und tumblr) veröffentlicht.

Begleitung von „StartUps“ und Projekten
Als besonders erfolgreich zeigt sich das Angebot, im ersten halben Jahr die Startphase eines Social-Media-Auftritts zu begleiten. Neben der Beratung und Hilfe bei der Einrichtung entlastet vor allem der angebotene Hintergrund-Dienst durch die Projektstelle Verantwortliche, die den Schritt in die neuen Medien wagen. Typische Anfänger-Unsicherheiten und Befürchtungen  vor einem „Shitstorm“ konnten so abgefedert werden. Erfolgreich umgesetzt werden konnten so u.a. die Facebook-Auftritte von Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, Luther 2017 Bayern, Evangelisch im Allgäu, Kirche und Tourismus und Evangelisch in Bildern. Für weitere Aktionen und Arbeitsfelder sind Auftritte in Vorbereitung.

Mitverantwortlich ist (oder war) die Projektstelle weiter für die Seiten Medienkonzil. Bürgersein in der digitalen Welt, Gemeinsam auf der Bühne – Fachkongress Ehrenamt (bis August 2015), Internettag der ELKB (zusammen mit Vernetzte Kirche und Abt. D und gemeinsam mit diesen Veranstalter des Internettags) und der Kampagne zum Buß- und Bettag (zusammen mit der Agentur „medio“ der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, EKKW).

Eine besondere Zusammenarbeit entstand nach dem Brand der reformierten Kirche St. Martha in Nürnberg: Nach anfänglichem Zögern erkannten die Verantwortlichen den Wert von Sozialen Medien. Die Facebook-Seite „Wir bauen St. Martha wieder auf“ wurde mit Unterstützung der Projektstelle entwickelt und eingerichtet und berichtet seither erfolgreich vom Wiederaufbau der Kirche.

Vernetzungen und Fortbildung
Seit Einrichtung der Projektstelle ist die ELKB über Facebook mit nahezu allen lutherischen Kirchen weltweit vernetzt (gegenseitige Likes), die einen FB-Account haben.  Eine Kooperation besteht mit der Evangelischen Kirche in Österreich. Die Projektstelle hält Verbindung zur Diakonie Bayern, den Rummelsberger Gemeinschaften, zum Amt für Gemeindedienst, der Evangelischen Jugend in Bayern, zu Akademie Tutzing, zu den Beauftragten für Rundfunk und Fernsehen beim BR, zum Frauenwerk Stein, zur Projektstelle Luther 2017 in Bayern, zur Projektstelle Interkulturell Evangelisch in Bayern, zum EPV mit Sonntagsblatt, epd und Vernetzte Kirche, zum Rothenburger Sonntagsblatt, dem Pfarrerinnen- und Pfarrerverein und weiteren Werken und Diensten.

Die Projektstelle nimmt Teil an der Konferenz der Internetbeauftragten der EKD, ist vernetzt mit den Social-Media-Verantwortlichen in allen Gliedkirchen der EKD und Teil des Netzwerks European Christian Internet Confernce (ECIC). Aus der Zusammenarbeit mit der Rheinischen, Westfälischen und Lippischen Landeskirche kam es zur Übernahme der Social-Media-Guidelines für die ELKB und zum Projekt #evangelisch auf Instagram. Die Öffentlichkeitskampagne der EKKW und der ELKB zum Buß- und Bettag wurde 2013, 2014 und 2015 (geplant auch weiterhin) in den Sozialen Medien umgesetzt und begleitet.

Über digitale Arbeitsgruppen gibt es regen Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen in anderen Landeskirchen. Mit der Teilnahme an den Internetkonferenzen, der re:publica sowie an Internettagungen der Akademie Tutzing, der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), des Bayerischen Rundfunks und dem fachlichen Austausch mit anderen Social-Media-Arbeitern verfügt die ELKB durch die Projektstelle über weiteres Wissen zu digitalen Themen, das in kirchliche Entscheidungsprozesse eingebracht werden kann.

Erreichte Zielgruppen
Drei von vier Deutschen nützen das Internet, in der Gruppe der bis 14- bis 19-Jährigen sind es nahezu 100 Prozent, bei jungen Erwachsenen über 90 Prozent. Mit ihren Angeboten hat die ELKB in den Sozialen Medien einen Schritt in die richtige Richtung getan. Die Zielgruppe bei den Facebook-Seiten ist zwischen 25 und 45 Jahre alt. Hier wird z.B. der Teil der Mitglieder erreicht, die sich bei den Kirchenvorstandswahlen 2012 oder 2006 kaum beteiligten. Die Medienarbeit auf Kanälen wie YouTube und Soundcloud hat das Potential, die Lücke zu schließen, die durch den Rückzug traditioneller Medien bei kirchlichen Themen entsteht. Problematisch ist die Erreichbarkeit der Jugendlichen unter 18 Jahren. Sie pflegen lieber die Binnenkommunikation (WhatsApp) und werden durch kirchliche Medien kaum erreicht.

In Diskussion einsteigen und sie begleiten
Social-Media-Anwendungen erleichtern es, in unterschiedlichen Rollen (Avatare) an Diskussionen teilzunehmen. Die Projektstelle hat gute Erfahrungen damit gemacht, über persönliche oder institutionelle Accounts zu kommentieren und zu posten. Als sinnvoll und notwendig hat es sich gezeigt, in Diskussionen die Positionen der ELKB einzubringen, um Themen vollständiger abzubilden. In Einzelfällen war auch der deutliche Widerspruch nötig. Wo Mitstreiter gewonnen wurden, veränderten sich Diskussionen deutlich. Bei sensiblen Themen musste dazu intern und kurzfristig die Strategie abgesprochen werden – so, wie das bei der Kommunikation über andere Kanäle ebenfalls üblich ist.

Als unabdingbar hat sich speziell in Diskussionen zu strittigen Themen wie „Pegida“, „Sterbehilfe“ oder „Ehe für alle“ das Mitlesen und die Sichtung aller Kommentare erwiesen. Teilweise sind hier Interventionen nötig. Ohne diese „Feuerwehr“-Funktion lassen sich nach Erfahrung der Projektstelle öffentliche Fanseiten auf Facebook – wie die der Landeskirche oder kirchenleitender Persönlichkeiten – nicht betreiben.

1.  Was fehlt?

Die ELKB ist als Institution und mit Ihren Themen in den gängigen Netzwerken inzwischen präsent und recht gut vernetzt. Ereignisse wie Tagungen der Landessynode oder Fachtagungen lassen sich durch den Einsatz von Social Media breiter publizieren. Bezüglich der Reichweite in diesen Medien ist jedoch, vorsichtig formuliert, noch Luft nach oben.

Internet und Social Media sind (leider noch immer) nicht selbstverständliche Hilfsmittel kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit. Kirche muss die Zahl ihrer Kontaktflächen erhöhen und entstandene Kontakte aufrechterhalten und pflegen. Die Projektstelle kann hierzu einen Beitrag leisten. Ziel muss eine kontinuierliche Kommunikation in den Social Media sein. Hier steht die ELKB, trotz aller Fortschritte der letzten Jahre, immer noch relativ am Anfang. Das gleiche gilt im Blick auf die mediengerechte Auswahl bzw. Aufbereitung von Themen, die über Social Media kommuniziert werden (könnten).

Die Öffentlichkeitsarbeit der ELKB ist im Bereich der klassischen Medien (z.B. Print, Web 1.0) gut aufgestellt. In der Verbindung zu den Sozialen Medien gibt es aber immer noch hindernde Faktoren, die ein Zusammenspiel der Medien erschweren:

Urheber- und Verwertungsrecht
Die ELKB produziert mediale Angebote (oder lässt sie produzieren), die sie selbst nicht auf allen ihren Kanälen einsetzen kann. Rechtliche Rahmenbedingungen, die Texte nur in Print erlauben, verhindern die Verbreitung der Inhalte auch über andere Kanäle. Die freie Verwendung aller Inhalte für Bildungszwecke und zur Verkündigung ist ein Ziel, dass auch das Impulspapier zum Medienkonzil der Landeskirche beschreibt.

Internet first! Internet first?
Kirche denkt immer noch zu sehr in Papier. Gemeindebriefe, Zeitungsartikel und Prospekte sind nach wie vor Publikationsmöglichkeiten erster Wahl, Internet „kommt dann dazu“. Noch fataler ist die Papierorientierung bei Terminen: Hier werden viele Ereignisse auf Papier veröffentlich, was die leichte Weiterverbreitung im Netz unmöglich macht und Vernetzung verhindert.
Ziel muss der durchgehende Einsatz von Termindatenbanken und Kollaborations-Plattformen (Siehe dazu die Angebote des ELKB-Intranets) sein. Inhalte müssen möglichst aktuell im Netz veröffentlich werden und leicht zugänglich sein. Wo das schon möglich ist, wurden in der Projektstelle gute Erfahrungen in deren Weiterverbreitung über die Sozialen Medien gemacht.

WLAN und Streaming
Zur Grundausstattung kirchlicher Räume gehört nach wie vor nicht WLAN. Tagungshäuser, Kirchen und Gemeindezentren machen so den Einsatz Sozialer Medien unmöglich. Die Projektstelle setzt sich dafür ein, die Bereitstellung von WLAN in allen kirchlichen Räumen zu unterstützen und so unter anderem Video- und Audio-Übertragungen zu ermöglichen. Rechtliche Fragen bei Bereitstellung müssen geklärt werden und sind teilweise in Klärung. Durch WLAN wäre auch die mediale Teilnahme an Gottesdiensten und Veranstaltungen möglich – eine Teilnahmeform, die in der ELKB immer noch unüblich ist.

Social Media als Standard
Thematische Großveranstaltungen in der ELKB lassen sich durch Social Media auflockern und medial weiter verbreiten. Dies hat die Arbeit der Projektstelle beim Fachkongress Ehrenamt und beim Medienkonzil gezeigt. Der Einsatz von Social Media sollte daher zum Standard kirchlicher Arbeit werden. Tagesordnungen, die als offene Dokumente die gemeinsame Vorarbeit ermöglichen, digitales Zur-Verfügung-stellen aller Informationen bei Gottesdiensten und Events, Bilder, Töne und Videos, die von allen Teilnehmenden verbreitet und kommentiert und ergänzt werden können … mit den Möglichkeiten der Sozialen Medien kann die ELKB ihre Reichweite deutlich erhöhen. Social-Media-Boards sollten deshalb bei allen kirchlichen Großveranstaltungen Standard sein. Es hat sich gezeigt, dass schon durch Einsatz einer Arbeitskraft eine Vervierfachung der Reichweite erzielbar ist. Hier gilt es, noch weiter Überzeugungsarbeit zu leisten.

Themen benennen und besetzen
Gesellschaftlicher Diskurs entsteht oft durch besonders bewegende Ereignisse (z.B.  der Absturz der Germanwings-Maschine), politische Entscheidungen (z.B. das irische Votum für die Homo-Ehe), Naturkatastrophen (z.B. das Erdbeben in Nepal) oder sich zuspitzende Entwicklungen (IS in Syrien und Nordirak). Das Echo in den Sozialen Medien entsteht binnen Stunden und erreicht schnell weite Teile der Öffentlichkeit.
Bisherige Erfahrungen zeigen, dass zusammen mit anderen kirchliche Positionen in die öffentliche Diskussion eingebracht werden können. Gezeigt hat sich aber auch, dass Kirche schneller (oder besser vorbereitet) zu klaren und kurzen Aussagen kommen muss.

Community einbinden
Die Diskussion, vor allem auf den Facebookseiten der bayerischen Landeskirche und des Landesbischofs, hat gezeigt, dass die Community gut gewachsen ist und auch extreme Positionen gut aushalten und diskutieren kann. Blieben im ersten Jahr der Projektstelle extreme Kommentare noch ohne Antwort, ergreifen jetzt auch „gemäßigte“ Christinnen und Christen das Wort und beteiligen sich an den Diskussionen. Gute Erfahrungen wurden auf der ELKB-Seite dabei auch mit Kommentaren durch die Redaktion gemacht.

Das Fazit hier: Es ist eine gute und breit aufgestellte Community entstanden, der man nun auch Aufgaben anvertrauen könnte. So könnte man z.B. anstehende kirchliche Themen im Vorfeld ihrer offiziellen Behandlung im Netz diskutieren lassen. Die Synode der EKD hat im Vorfeld zu ihrer Themensynode im November 2014 hierzu gute Erfahrungen gemacht.

Als hilfreich hat sich die Community auch auf der theologischen Metaebene gezeigt: in den geschlossenen Facebook-Gruppen „Was mir im Predigerseminar keiner sagte …“ und „Kirche und Social Media“ ließen und lassen sich viele Probleme des Pfarrberufs und der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit besprechen.

Theologisch reflektieren
Zur bisherigen Arbeit in den Sozialen Medien braucht es immer wieder theologische Reflexion, unter anderem im Blick auf die Auswirkung der Digitalisierung auf Ekklesiologie und Gemeinaufbau. Immer wieder müssen sich die Akteure die Frage stellen „Warum machen wir das?“ bzw. „Was ist unser Ziel?“. Gezeigt hat sich, dass Soziale Medien die Kontaktflächen von Kirche erhöhen und ihre Themen breiter und offener diskutiert werden können. Im Blick auf die theologische Dimension muss aber noch weiter gedacht werden: Ist die „virtuelle“ Teilnahme auch eine „richtige“? Was bedeutet ein Kontakt über Soziale Medien für die Beziehung der Kirche zu ihren Mitgliedern? Findet Kirche nur in Kirchengebäuden statt, oder versammelt auch eine Twitterandacht Gemeinde Jesu Christi? Viele „alte“ Fragen der Theologie, der Ekklesiologie, des Gemeindeaufbaus oder des Pfarrerbildes, die bereits bei früheren Phasen der Mediennutzung (z.B. im Zusammenhang von Gottesdienstübertragungen) diskutiert und eigentlich längst geklärt wurden, tauchen in der Beschäftigung mit Social Media wieder auf.

Zweites großes Thema sind die generellen Auswirkungen der Digitalisierung. Hier gilt es zum einen Bewußtsein der Nutzer zu schulen und kritische Entwicklungen zu benennen. Kirche sollte hier Vorreiter in der Nutzung und Anwendung datensicherer Techniken sein.

Jugend erreichen
Eine häufig genannte kirchliche Erwartung an Social Media ist, „die Jugend zu erreichen“. Die Arbeit der Projektstelle hat gezeigt, dass das dort gelingt, wo sich kirchliche Mitarbeitende in der Kommunikation beteiligen und Social Media – wie Jugendliche – auch zum Teil ihres Lebens machen. Jugendliche „gehen“ nicht „ins Internet“, sie „sind im Internet“. Mindestens ebenso wichtig wie der richtig gewählte mediale Zugang sind altersgemäße Inhalte und Formen: Die Nutzung des Web 2.0 kann nicht kompensieren, wenn es an Themen mangelt, die Jugendliche interessieren.

Für viele Mitarbeitende der ELKB ist das aber mit großer Scheu und Ängsten verbunden. Durch Medienpolitik, die Internetstrategie, die SocialMediaGuidelines, den Webcheck, das Impulspapier des Medienkonzil und andere medienpädagogische Angebote hat die ELKB diese Sorgen aufgenommen und Arbeitshilfen angeboten. Was oft leider immer noch fehlt ist Mut und die Bereitschaft, Social Media als Pfarrer, Diakonin, Religionspädagoge oder Ehrenamtliche auch mit Hilfe der Projektstelle zu einem selbstverständlichen Teil der eigenen (beruflichen) Kommunikation zu machen und so auch mit Jugendlichen medial sprachfähig zu bleiben.

Die Vernetzung der unterschiedlichen Bereiche der ELKB gelingt nur erstaunlich langsam. Das Beharren auf bewährten, aber teilweise überkommenen Kommunikationsmitteln ist groß. Hier ist mehr Zeit erforderlich um die ELKB als lernende Institution auf aktuellen Stand zu bringen.

Zukünftige Aufgaben

Ressourcen durch Veränderung schaffen
„Viele Unternehmen sterben nicht, weil sie das Falsche tun, sondern weil sie zu lange das tun, was einmal richtig war“. Dieses Zitat aus der #ecic20 beschreibt das Dilemma kirchlicher Kommunikation. Der Weg, den  die ELKB in Sachen Social Media eingeschlagen hat, ist richtig, muss aber ständig angepasst werden.

Nach den ersten positiven Erfahrungen mit Social Media wäre nun das konsequente Umsteuern in der kirchlichen Kommunikation nötig. Ein Ergebnis der bisherigen Arbeit der Projektstelle ist, dass Social Media als „add on“ scheitern muss. Kirche muss sich stattdessen sehr viel ernsthafter  die Frage stellen: „Erreiche ich noch die Menschen, die ich erreichen will?“ Sie  muss sich von einer Absenderorientierung zur Empfängerorientierung bewegen. Die Projektstelle setzt sich zum Ziel, dieses Umdenken voranzutreiben. Dieser Prozess benötigt Zeit.

Soziale Medien zeigen über Reichweiten-Angaben schnell und genauer als die „alten Medien“, was ankommt und was nicht. Die Bereitschaft, die eigene Arbeit vom Nutzerverhalten beeinflussen zu lassen, ist in der Kirche leider nach wie vor kaum vorhanden. Die Projektstelle kann und will diesen notwendigen Prozess des Umdenkens befördern.

Lernen mit und von anderen
Probleme in der Mitgliederbindung, im sinkenden Engagement der Mitglieder und mit dem demographischen Wandel haben nicht nur Kirchen, auch andere Institutionen sind davon betroffen,  nicht nur in Deutschland. Begegnungen mit anderen Netzarbeitern und Social-Media-Verantwortlichen weiten den Horizont. Die Projektstelle kann und will konkrete Fragestellungen und neue Möglichkeiten, die die Nutzung der Social Media für die kirchliche Arbeit, speziell im Blick gerade genannten Herausforderungen, bieten, in die entsprechenden Arbeitsfelder einbringen. Beispiele wären der Einsatz von Computerspielen im Konfirmandenunterricht (Schweden) oder Werbung für kirchliche Berufe in Sozialen Medien (Schweiz). Vernetzung mit und das Lernen von anderen NGOs ist möglich und nötig.

Kommunikation verändern
Bereits jetzt zeichnen sich gute Gründe ab, die für eine verstärkte Kommunikation der ELKB über die Sozialen Medien sprechen. Allerdings ist das Feld der Möglichkeiten noch nicht weit genug ausgelotet, sind noch nicht alle wichtigen Plattformen und Formate wenigstens ansatzweise ausgetestet, um eine valide Empfehlung zu geben, wie die ELKB die Social Media künftig nutzen soll.

Netzpolitisch aktiv werden
Das Impulspapier des Medienkonzils formuliert: „Im Namen einer freien Kommunikationskultur fordert die ELKB eine couragierte Netzpolitik und den Aufbau eines Politikfelds als Querschnittsthema aller Ministerien. Die ELKB unterstützt politisch die Initiativen, die eine digitale Zivilgesellschaft organisieren wollen (…). Die ELKB verbündet sich mit allen, die für Netzneutralität und IT-Sicherheit einstehen.“ Mit dem Thema “Netzpoltik” des Internettags der ELKB im Sommer 2016 ist ein Schritt gegangen, dem weitere folgen müssen.

Christoph Breit
Dezember 2015

Gottesdienste mit Flüchtlingen

Auf der ELKB-Facebook-Seite wurde die Frage gestellt, wie man Flüchtlingen die Teilnahme an “normalen” Gottesdiensten ermöglichen kann. Die Community hat dazu viele Tipps gegeben, die ich hier zusammenfasse.

Was braucht es vor Ort?
Wer Gottesdienste vor Ort für Flüchtlinge öffnen will, muss sich nach den eigenen Gegebenheiten orientieren. Welche Menschen kommen? Was verbindet sie? Wie lässt sich ein Spannungsbogen im Gottesdienst halten?  Wer bei diese Fragen Klarheit hat, kann den Gottesdienst für die Menschen öffnen, die kommen wollen.

MissionEineWelt hat zusammen mit der Projektstelle “Interkulturell Evangelisch in Bayern” mehrsprachige Willkommensbroschüren mit der Liturgie für den “ganz normalen” Sonntagsgottesdienst entwickelt. Im Download gibt es Amharisch-Deutsch, Arabisch-Deutsch, Englisch-Deutsch, Französisch-Deutsch, Oromo-Deutsch, Persisch-Deutsch und Portugiesisch-Deutsch.

Integration braucht Zeit und verändert
Der Berliner Pfarrer Gottfried Martens hat die Erfahrung gemacht, dass die Einbindung von Flüchtlingen Gemeinde verändert. Die Gegebenheiten vor Ort haben es ermöglicht, eine von zwei Kirchen einer Gemeinde für Gottesdienste in Deutsch-Farsi zu verwenden. Das betrifft auch die Frage der Akzeptanz: diejenigen Gemeindeglieder, die Gottesdienste mit Flüchtlingen feiern wollen, kommen in diese Kirche. Andere gehen in die andere Kirche. Weitere Erfahrungen sind, dass die Gottesdienste länger dauern, weil Teile in zwei Sprachen gelesen werden und deswegen auch nicht alles übersetzt wird. Vielfach genügt es, dass alle Gottesdienstbesucher den Ablauf des Gottesdienstes durch Mitlesen nachvollziehen können. (UPDATE: Hier die Gottesdienstordnungen der Dreieinigkeits-Gemeinde in Berlin-Steglitz in persisch Gottesdienstordnung persisch 2015 und englisch Gottesdienstordnung Englisch 2011)

Das gibt es schon
Im Netz gefunden wurden folgende Vorlagen, Buchtipps und Seiten:

Veranstaltungen
Weiter kamen einige konkrete Veranstaltungshinweise kamen zusammen: So gibt es in der Johanneskirche in Nürnberg einmal im Monat einen englischen Gottesdienst. Der Berliner Dom bietet jeden Sonntag eine Simultanübersetzung ins Englische an (Die Anfrage nach Texten des Welcome-Service läuft bereits!). Und der Kirchenkreis Bayreut plant einen internationalen Gottesdienst am 19.12. um 17 Uhr in Bayreuth.

Flüsterdolmetscher
Zum Thema Übersetzungen passt auch der Tipp aus Taizé, wo bei den Bibelarbeiten immer Flüsterdolmetscher im Einsatz sind: Der oder die schart eine Gruppe von Menschen um sich und dolmetscht synchron das Wichtigste.

Wie bei Touristengruppen?!
TechnischeAuch könnte der Einsatz von Funkkopfhörern könnte hier auch sinnvoll sein. Wer ganz hoch einsteigen will, kauft ein TourGuideSet.

Vielfalt der Sprachen
Übersetzung muss auch nicht immer sein. Die User wiesen mit recht darauf hin, dass der Gottesdienst eine gute Möglichkeit bietet, die deutsche Sprache näher zubringen! Gebete könnten dann auch in mehreren Sprachen gesprochen werden. Näher ist hier meist die Muttersprache.

Fehlt etwas hier? Dann schreibt es bitte in den Kommentar.