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Nachlese re:publica 2016

Die #rpTEN feierte sich selbst. Jedenfalls zu Anfang. Wahnsinn! Zehn Jahre re:publica und es ist so toll dass ihr alle sein! So der Tenor des  Eröffnungspanel . Mehr als die Hälfte allerdings waren zum ersten Mal da. Wenig Kontinuität. Und die alten Kämpfer wie Sascha Lobo und andere Netzaktivisten wirkten bemüht, vor allem die Jüngeren zu bewegen. Der Ruf „Wir müssen das freie Netz auch für nachfolgende Generationen bewahren!“ wirkte teilweise verloren gegenüber jungen Speakern, die keine Sorge hatten, dass Konzerne Daten sammeln. „Ich leb mein Leben trotzdem“.

Der Hype um Snapchat

Für einen Hype sorgte die Plattform Snapchat. Was angeboten wurde, war rappelvoll. In „Snapchat für Erwachsene“ Joshua Arntzen den älteren diesen Dienst. Der Schüler konnte wegen Schule nicht kommen und ließ sich via Skype aus seinem Kinderzimmer zuschalten. Ansehen sollte man sich das Ganze in Ausschnitten. Um Mitreden zu können.
Wie auch „Let’s snap it: How organisations can use Snapchat“. Franziska Broich erzählte vom Snapchat-Kanal des Europäischen Parlament mit – sagen wir – schlichten Beispielen.
Mein Fazit zu diesem Thema: Nein, Jugendliche wollen mit der ErwachsenenWelt nichts zu tun haben und Ja, Snapchat ist für eine begrenzte Zeit das Medium dazu. Wer diesem Trend aber nachläuft, läuft eben dem Trend hinterher. Auch wenn’s das jüngste Network derzeit ist. Wer in der Jugendszene allerdings schon aktiv ist, sollte auch auf Snapchat Kontents umsetzen.

Hass im Internet

Ein weiteres großes Thema war der Umgang mit Hasskommentaren im Netz. Carolin Emcke lieferte in „Raster des Hasses“ dazu die theoretische Einordnung (Video ist derzeit noch nicht verfügbar). Und Ingrid Brodnig, Autorin des Buches „Hass im Netz“ erklärte, warum Hass sich verbreitet. Demokratie, so Brodnig, hieße eben auch, dass Idioten auch mal Sachargumenten begegnen. Wer bei Hasskommentaren aber Hoffnung auf Veränderung habe, warte vergeblich. „Es wird nicht passieren, dass es das eine Argument gibt, bei dem sich Hass-Poster an den Kopf fassen und sagen: Ah jetzt habe ich’s kapiert!“ Diese Erkenntnis käme nicht, die Leute verschwänden einfach aus der Diskussion.
Interessant auch in diesem Zusammenhang der Hinweis auf das Berufsprofil von Community-Managern: „In der realen Welt gibt es Sozialpädagogen, die mit Konflikten umgehen können. Im Netz machen das Journalisten. Die brauchen vielleicht eine sozialpädagogische Schulung.“ Aufklärung gab es über den Charakter der Aktionen von AfD und Pegida und Konsorten: Die gingen recht konzertiert vor: Straßenaktionen, Rechtsstreitigkeiten, Störung von Aufführungen seien geplante Mittel der Eskalation, der Ziel auch immer sei, die eigene Community zu stärken. Man dürfe sich, so Brodnig, auch nicht zu Aussagen hinreißen lassen, die man früher nicht für gut geheißen habe. „Wir dürfen die Komplexität nicht verlieren!“, so ihr Appell.

Schonungslose Wahrheiten von Gunter Dueck in „Cargo-Kulte“

Was sind Cargo-Kulte? Die Erklärung: Im zweiten Weltkrieg wunderten sich Melanesier, dass immer dann, wenn die Fremden (Amerikaner im Krieg gegen Japan) auf einen Turm (“Tower”) stiegen und beteten, deren Vorfahren Flugzeuge voll beladen mit Essen schickten. Da bauten sie Türme und beteten auch … .
Mit feiner Ironie zerlegte Gunter Dueck in einer sehr lohnenden Stunde die verschiedenen Mantren und Heilslehren in Politik, Wirtschaft und Kultur. Wie „Leuchtturm-Projekte“. Da seien viele einfach zu faul, nachhaltig zu arbeiten. Oder Arbeitsgruppen, die, wenn das Brainstormen nichts mehr hilft, wieder auf den Tower steigen und gemeinsam um Lösung der Probleme beten. In der Reihe der Vorträge dieses Jahr für mich Platz 1.

Product-placement

Deutlich wahrnehmbar gab es auf der #rpTEN Werbung. Notdürftig versteckt in Vorträgen. So gab Mark  Little, Twitter’s „vice president of media“ für Europe and Afrika in “What’s Next for Twitter and News?” einen Einblick in zukünftige Pläne. Twitter, so Little, sei dabei das entscheidende Medium, um Menschen mit aktuellen Nachrichten zu erreichen, selbst wenn diese gar nicht bei Twitter seien. Denn, so belegten etliche Zahlen, via Tweet verbreiteten sich News am schnellsten auch über das Netzwerk hinaus. Viele Zeitungen und Fernsehsender beriefen sich auf Twitter.
In ein ähnliches Horn stieß Ronald Horstman, Geschäftsführer der Agentur Studio 71, der das Geheimnis um Erfolg auf YouTube löste: Leidenschaft, Begeisterung, ein gutes Thema und harte Arbeit verhülfen zum Erfolg. Und Glück bräuchte man auch. Aha. Das Beispiel „Fun Family Pack“ mit einer amerikanischen Familie mit fünf Kindern war für viele dann eher zum Gruseln. Die posten jeden Tag ihres Lebens. So geht Erfolg. Naja.

Jahresrückblick Social Media Recht

Einen Klassiker auf der re:publica gab es auch dieses Jahr: Den Jahresrückblick Social Media Recht der Juristen Thorsten Feldmann und Henning Krieg, die häufig nicht einer Meinung sind aber unterhaltsam Beispiele aus der Praxis juristisch zerlegen. In diesem Jahr schaltete sich Erika Steinbach sogar live via Twitter in die Diskussion ein. Das Video gibt es leider nur auf Facebook.

Alte Säcke Politik – Wie wir eine Zukunfts- statt Angstdebatte führen können

Für mich teilweise etwas verletzend aber sehr treffend beobachtet war das Panel von Wolfgang Gründinger. Die Debatte sei bestimmt von „Alte Säcken“, die gerne alles so weiter haben würden, wie in der guten alten Zeit. Notwenig sei aber eine Zukunfts- statt einer Angstdebatte führen. Auch das ansehen!

Tolle Idee: Der Lizenzhinweisgenerator

Ein kleines Fundstück ist der Lizenzhinweisgenerator von Wikimedia. Er verhilft zu jedem Bild aus Wikipedia zu den rechtlich eindeutigen Lizenzangaben für Creative-Commons-Inhalte.

Gute Aktion für Flüchtlinge: Yallah Deutschland

Yallah ist ein zweisprachiges Medium für junge Menschen, die sich für Themen rund um Flüchtlinge interessieren. Yallah ist Journalismus optimiert für kleine Bildschirme. Der Clou: Flüchtlinge können ihre Fragen stellen und das junge StartUp versucht sie möglichst einfach und kurz zu erklären. Auf Deutsch und Arabisch. Im Netz, auf Facebook und Twitter. Mehr unter http://de.yallahdeutschland.de

Weitere Rückblicke von Ralf Peter Reimann und Rieke Harmsen

Die re:publica ist auch ein Treffen der Akteure aus dem kirchlichen Raum. Zwei weitere Summaries empfehle ich hier: Ralf Peter Reimann (Evangelische Kirche im Rheinland) und Rieke Harmsen (Evangelischer Presseverband/epd)

 

 

Hasspostings und falsche Nachrichten über Flüchtlinge

Seit Pegida mit dem Begriff „Lügenpresse“ jegliche Berichterstattung in Zeitung, Rundfunk und Fernsehen diskreditiert, häufen sich vor allem in den Sozialen Medien Hasspostings und bewusst falsche Meldungen. Das Ziel: Willkommenskultur soll als angebliche Motivation für Flüchtlinge dargestellt werden und Hass gegen Menschen wird geschürt. Das Wort „Lügenpresse“ bekommt damit einen ganz anderen Sinn: bewusst erfundene Propaganda, die sich auf freie Meinungsäußerung beruft.

Aus aktuellem Anlass dazu von mir drei LinkTipps.

#nohatespeech: Wie reagiert man auf Hass im Netz?

Vernetzte Kirche hat zusammen gestellt, wie man Hasspostings im Netz begegnen kann. Denn der Giftpilz von Trollen und Shitstorms breitet sich immer mehr aus. An vielen Stellen schlägt einem im Netz beängstigender Hass entgegegen. Anonym und mit Klarnamen wird gehetzt und Stimmung gemacht, Menschen werden diskriminiert, Lügen und Angst verbreitet und zu Mord und Totschlag aufgerufen. Wir sprechen von “Hate Speech”. Sind Netzwerke noch “sozial”? Hintergründe und Informationen dazu hier.

Radikal dank Facebook?

Wieso wuchert der Hass vor allem in Sozialen Netzwerken und hier besonders bei Facebook. Es scheint ja so, als ob derzeit immer mehr Menschen immer radikalere Positionen vertreten – oder ist es wirklich so? Spiegel Online belegt: Das Netz fördert gesellschaftliche Extreme. Denn Plattformen wie Facebook zeigen dem User immer mehr von dem, was ihm schon gefällt. Die eigene Wahrnehmung ist so in einer Art „Echokammer“ gefangen, in der sich die Kommentare gegenseitig verstärken. Eine interessante Analyse hier zu lesen.

Neues aus Gerüchteküche … widerlegt!

Flüchtlinge würden Schwäne schlachten und Mädchen verschleppen … viele Horrormeldungen in den Sozialen Medien werden vielfach bewusst falsch in die Welt gesetzt. Dagegen arbeitet mimikama, die Internationale Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Internetmissbrauch und zentrale Anlaufstelle für Internetuser, die verdächtigte Internetinhalte melden. Sie überprüfen im Netz gepostete Videos und Bilder auf ihre Richtigkeit und entlarven dabei viele Fälschungen. Ein anderes Projekt geht da noch weiter. Hoaxmap geht Falschmeldungen nach und postet den wahren Sachverhalt auf einer Deutschlandkarte. Sehr hilfreich in der Argumenatation mit Pegida- und AfD-Freunden.