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Die Kirche und der Zug der Digitalisierung – eine Antwort auf Werner Thiede

Im Pfarrerblatt hat Werner Thiede das Verhältnis der Kirche zu den jeweiligen technologischen Möglichkeiten ihrer Zeit, insbesondere zum Umgang mit der omnipräsenten digitalen Kommunikationstechnologie diskutiert. Ein in meinen Augen falscher Ansatz. Und dazu eine Herabsetzung meiner Arbeit.

Seinen Artikel findet hier hier.

Meine Antwort als Leserbrief an das Pfarrerblatt hier:

Mit seinem Artikel „Die Kirche und der Zug der Digitalisierung“ im Pfarrerblatt (Ausgabe 9/2014) wählt Werner Thiede die falsche Position und setzt seinen antimodernistischen Kampf fort . Als theologisch begründete und scheinbar göttlich beauftragte Totalopposition kann er dabei weder die Chancen der Digitalisierung und der Social Media erkennen noch die Arbeit anderer Theologinnen und Theologen auf diesem Feld würdigen. Kirche müsse in „der ihr eigenen Weltfremdheit (…) die Welt effektiv mit Gaben beschenken, die weltimmanent nicht zu haben sind“. Werner Thiede ist dieses Sprachrohr. Das ist mindestens überheblich.

Im Ansatz fehlerhaft ist dabei die Verwendung des Begriffs „Digitalisierung“. Thiede wechselt scheinbar nach Belieben zwischen der Digitalisierung als technische Entwicklung der letzten 20 Jahre, der Datensammlung durch Konzerne und Geheimdienste und der Nutzung der Social Media zur Kommunikation des Evangeliums. Für jedes der drei Felder führt er mahnende Zeugen an und malt ein düsteres Bild der Zukunft der Welt, ohne die Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten der Kirche zu beschreiben. Wäre sein Vorschlag die Totalverweigerung jeder Nutzung digitaler Medien und Technik, müsste er das sagen und – noch spannender – konkret ausführen. Er selbst nützt digitale Quellen zur Genüge.

Hilfreicher ist es, die Rolle von Kirche und Theologie in einer digitalen Gesellschaft zu beschreiben anstatt gegen sie. Michael Seemann hat Recht, wenn er auf dem 4. Internettag der ELKB sagte: „Es gibt kein analoges Leben im Digitalen. Ist man Teil der Welt, wird man Teil des Internets sein.“ Dieser Realität muss sich Kirche und Theologie stellen und in dieser Welt muss sie arbeiten und verkündigen. Sie kann das, weil sie ein lernendes Gottesvolk ist und wegen ihrer Grundlegung und Erfahrung sensibel für Missbrauch und gleichzeitig frei von wirtschaftlicher Vereinnahmung ist.

Da ist auch irreführend, bei der „Digitalisierung aller Dinge“ Totalitarismus als Bedrohung zu beschreiben und „Verführung, Götzendienst und Unfreiheit zu wittern“. Evangelische Kirche hat Fachleute und  Foren, die die Ambivalenz des Internets und der Social Media kennen und diskutieren. Herr Thiede ist eingeladen, hier mitzuwirken, sei es auf Landeskirche-Ebene beim Internet-Tag der ELKB, deutschlandweit und auf der European Christian Internet Conference (ECIC). Denn er hat Recht, wenn er Sorglosigkeit und Naivität im Umgang mit digitaler Technik anprangert. Doch müsste er diese Kritik an viele User und zahlreiche Unternehmer adressieren, die Sicherheitstechniken vernachlässigen oder unzureichend anbieten. Und er müsste das Versagen der demokratischen Regierungen weltweit benennen, die Datensicherheit und die Freiheit des Internets zum Teil des Geschäftsfeldes von Google, Apple und Co werden ließen und sich nicht für Datenschutz, Datensicherheit und Rechtssicherheit im Netz einsetzen. Hier ist Engagement der Netzgemeinde gefragt. Wenn sie kompetent und sorgfältig agiert, kann Kirche ihren Ort als Mahnerin und Fragesteller gerade in diesem Prozess haben. Weltabkehr und undifferenzierte Digitalisierungsschelte macht sie als Wächterin der Freiheit blind.

Ressourcenstarke Medienpädagogik, theologische Argumente als Betrag zu einer gelingenden Digitalisierung und eine starke christliche Stimme auf den heutigen Marktplätzen  der Kommunikation – das ist die Rolle von Kirche und Theologie, die dieser Veränderung der Welt gerecht wird. Gerade als Institution, die um Seelsorge- und Beichtgeheimnis weiß, als Menschen, die in ihrem Reden und Tun Gott hörbar und sichtbar machen, sind wir Christinnen und Christen wichtig, weil wir – um Thiedes Horizont zu zitieren – der Welt etwas geben können, das sie nicht in sich trägt.

An dieser Kirche und für diese Kirche arbeiten ich und viele andere, weil wir in diese Welt gehen und nahe bei den Menschen sein sollen. Analog und digital. Persönlich und medial.

Die Infos der RoadShow

Am 23. Mai fand in Bayreuth die erste Ausgabe der RoadShow statt, eines Workshoptags mit verschiedenen Anbietern in den Bereichen Internet, WebPublishing und Social Media. Auf vielfachen Wunsch hier alle Materialien und Links aus den Workshop.

Das Impulsreferat “Öffentlichkeitsarbeit und Social Media in Gemeinden”
Impuls Öffentlichkeitsarbeit

Die Angebote der Vernetzten Kirche und für Evangelische Termine

Das Angebot von Web2Print der Evangelischen Kirche in Bayern. Zugang beantragen bei herbert.kirchmeyer@afg-elkb.de

Alle Informationen zum hier in der Präsentation von Jörg Blickle (Bayreuth_20140523) und im Intranet zu “Neues Sicheres Kirchennetz” (Intranet-Zugang notwendig)

Wer hier etwas vermißt, möge mir bitte ein Mail schreiben: christoph.breit@elkb.de

#ECIC19 Einfach gemacht: svenskakyrkan på instagram

Keine große Geschichte, aber eine schöne, denn sie zeigt, wie Social Media funktionieren kann. Eine Gruppe von fünf Menschen, die sich in der Kirche von Schweden engagieren, setzen sich zusammen, um ein Social Media Projekt für ihre Kirche zu planen. Eigentlich wollten sie twittern, merken aber, dass auf Instagram der Name „svenska kyrkan“ = Kirche von Schweden noch frei ist. Sie melden ihn an und fangen an, ihn zu nutzen. Ohne Auftrag. Sie haben gemerkt, mit Bildern kommuniziert man am besten. Ihre Idee, die Vielfalt des kirchlichen Lebens in Schweden zu zeigen. Und sie setzen darauf, dass andere mitmachen. Für eine Woche kann man unter dem Account Svenska Kyrkan seine persönliche Sicht auf die Kirche posten. Man beginnt mit einem Selfie unter dem Hashtag #svenskakyrkan, mit dem man sich vorstellt. Dann darf man eine Woche zeigen, was man in der Kirche von Schweden erlebt. Danach bekommt jemand anderes die Zugangsdaten. Das Projekt ist ein Erfolg. Rund ein Jahr läuft es schon, 50 Menschen warten schon darauf, einmal selbst den Account für eine Woche zu übernehmen. Rund 2300 Follower hat das Instagram-Konto, über 1500 Foto sind online und zeigen die Vielfalt des Gemeindelebens. Positive Bilder überzeugen am besten, glauben die Macher dieses Projektes, das sie als ein Beispiel für Good Practice auf der European Christian Internet Conference vorstellten.

(Danke an Ralf-Peter Reimann für diese Zusammenfassung. )
Auch die finnische Kirche ist auf Instagram, jedoch ohne diese konzeptionelle Idee.
http://instagram.com/ev_luth_kyrkan

SocialMediaTool #0

Mittlerweile gibt es einige Bücher und Blogs, in denen man sich über Social Media schlau machen kann. Das Buch „Social Media in der Gemeinde“ von Ralf-Peter Reimann und Mechthild Werner zum Beispiel oder „The Social Media Gospel“. Oder der Blog von gemeindemenschen mit einer Fülle von guten Ideen und Tipps.

Die SocialMediaTools sollen das ergänzen: praktikable Möglichkeiten der Social Media für Kirchengemeinden. Mit der Zeit entsteht so eine „Toolbox“. Mitdenken, Kommentare und Anregungen sind erwünscht.

“Wir müssen aufhören, vom Kanal her zu denken”

Diesen Beitrag von talkabout ist absolut lesenswert. Denn es geht in den Social Media in erster Linieum Geschichten-Erzählen. Das ist übrigens gut biblisch, nur haben wir vergessen, zu erzählen und versuchen eher die “Botschaft” als Ganzes zu verbreiten.
Das könnte ein Fehler sein …

Lesen: Social Media: “Wir müssen aufhören, vom Kanal her zu denken”

Eigentlich nur Mut

Für das Magazin “WeiterSehen” des AfG hat Kerstin Dominika Urban mich befragt. Hier das Interview:

“Eigentlich nur Mut”
Kerstin Dominika Urban im Gespräch mit Pfarrer Christoph Breit über den Umgang mit den social media in der Kirche (WeiterSehen 02/2013 9)

Herr Breit, Sie haben seit 1. Juni eine Projektstelle für Social Mediaund Networkmanagment in der ELKB inne. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt? Und womit waren Sie in den ersten Wochen beschäftigt?

Publizistik, Öffentlichkeitsarbeit und Internet ist schon lange mein Ding. Und so hat mich an der Ausschreibung der Projektstelle Social Media gereizt, die Möglichkeiten für Kommunikation des Evangeliums im so genannten Web 2.0 auszuloten und da was zu bewegen. Und natürlich haben mich auch die tollen Kolleginnen und Kollegen gelockt, die in diesem Bereich schon viel Erfahrung haben und arbeiten.

Der Anfang war dann recht nüchtern: technisch ins Laufen kommen, das Team von P.Ö.P. und seine Abläufe kennen lernen und Ansprechpartner herausfinden. Dann habe ich Kontakt zum Team um den Landesbischof geknüpft und meine Projektstelle bei den Abteilungsleitenden sowie bei den Regionalbischöfinnen und – bischöfen bekannt gemacht. Das ist geschehen und jetzt entwickeln sich Projekte und Ideen in verschiedenen Handlungsfeldern. Weiter hat die Arbeit auf Dekanatsebene mit thematischen Einheiten in den Pfarrkonferenzen und die Vernetzung mit anderen Stellen wie der Evangelischen Jugend in Bayern begonnen. Auch das lässt sich gut an.

Social media – mission possible – welche Chancen (und Grenzen) sehen Sie in der Nutzung dieses Mediums?

Mir sind da die Chancen wichtiger als das Nachdenken über Gefahren und Grenzen. Kirchenmenschen haben eher Angst vor einem „Shitstorm“ als davor, dass in ihrem Laden der Geist nicht mehr weht. Die Chancen von social media sind, verschiedenste Möglichkeiten – es gibt ja viel mehr als Facebook und Twitter – zum Teil der eigenen Kommunikation zu machen. Das setzt voraus: Ich will kommunizieren. Und: Ich setze mich und meine Botschaft der Diskussion aus. Bei beidem sehe ich in unserer Landeskirche Nachholbedarf.

Ich glaube, es genügt nicht mehr zu sagen: „Wir haben eine frohe Botschaft und wenn die Leute nicht kommen und sie hören wollen, also bei uns abholen, sind sie selbst schuld“. Das Wort will gesprochen sein und ausgesandt werden. Da einzelne Kommunikationskanäle nicht zu nutzen oder sie gegen eine immer „bessere“ direkte Ansprache als „nur virtuell“ abzuwerten, hilft nicht. Jede Form hat ihren Wert und nebenbei: die jüngeren „digital natives“ machen diese Unterscheidung nicht. Da sind social media Teil der Kommunikation und nicht „nettes“ Nebengleis.

Wenn das läuft, können wir uns gerne über Grenzen unterhalten. Sicher: Die müssen wir im Blick haben. Neben der scheinbar unvermeidlichen Abhör-Debatte sind wichtig: Social-Media- Guidelines, die Begleitung und Sensibilisierung von Jugendlichen wie im Web-Check der EJB und Probleme wie Cybermobbing und Datenmissbrauch. Da draufzuschauen ist auch Teil meiner Arbeit.

Was braucht es, um facebook, twitter und Co. zu nutzen?

Eigentlich nur den Mut, etwas zu wagen. Ich habe meine Arbeit in der Gemeinde immer als frei und unabhängig empfunden. Man kann bei uns im Vergleich zur freien Wirtschaft vieles ausprobieren und manch Altes auch auf den Prüfstand stellen. Die technischen Voraussetzungen in den social media sind gering, die Kosten ebenso, der Gebrauch der unterschiedlichen Plattformen leicht zu erlernen und wer Schulung braucht, ist bei der „Vernetzten Kirche“ gut aufgehoben. Also: Anfangen, etwas wagen, Fehler machen, und sich vorher überlegen: Was und wen will und kann ich womit erreichen. Je genauer die Zielvorstellung, desto größer der Erfolg.

Was ist für Sie nach der kurzen Zeit bisher das Herausforderndste gewesen?

Ganz klar: gepflegtes Halbwissen und Vorurteile. Ja, es gibt Menschen, die posten, dass sie aufs Klo gehen oder was sie gerade essen. Und nein, das braucht keiner. Das ist aber nicht mein Arbeitsfeld. Es geht mir um professionelles Nutzen der social media, also um jenen bewussten Mix aus Inhalt und Privatem, der die Botschaft des Evangeliums beflügelt. Wer etwas Schönes erlebt hat, kann das dankbar mit anderen teilen. Und wer ein Problem diskutieren will, findet schnell andere, die mitdenken und mitreden. Social Media sind da eine Möglichkeit und per se genauso schlecht oder gut wie Schießpulver, Rotwein oder Fernsehen. Es kommt auf die Nutzung an.

Wie spielen aus Ihrer Sicht die normalen Websites mit social media Plattformen sinnvoll zusammen?

Normale Websites sind immer die Basis, über deren Inhalte ich auch selbst bestimmen kann. Auf Facebook bin ich Gast, die eigene Homepage ist mein Pool für meine Kommunikation. Wer sich also in die social media aufmacht, sollte im Bereich Web 1.0 seine Hausaufgaben machen. Musterwebsite, Evangelische Termine, Schulungen … alles, was Gemeinden brauchen, gibt es. Von dieser Plattform aus lässt sich dann agieren und Schritt für Schritt die eigene Kommunikation erweitern.

Das ist übrigens keine zusätzliche Aufgabe, wie oft bemängelt wird, sondern eher ein Systemwandel. Wir sind nicht Verwalter der göttlichen Botschaft, sondern die, die mit anderen in Beziehung kommen wollen. Das geht in den social media. Wenn das in den nächsten drei Jahren gelingt, bin ich froh.

Lesen und wundern!

Diesen Artikel finde ich hilfreich, weil ich ihm NICHT zustimme. Ja klar, alles wird schneller. Aber hier ist es mir zu platt. Aber lest selbst:

Immer mehr Menschen verbringen ihre Zeit im »Web 2.0« bzw. »Social Web«. Immer mehr Menschen sind vernetzt von früh bis spät – und zwar nicht nur alltags, sondern auch ­sonntags, feiertags und im Urlaub. Wie verändert sich durch solche Praktiken der Mediennutzung die menschliche Zeiterfahrung und vor welche Herausforderungen werden die ­Kirchen hierdurch gestellt? Dies diskutiert Christina Costanza in ihrem Beitrag.

http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/archiv.php?a=show&id=3409

 

Lesestoff: Jenseits der Parochie

Das Internet verändert nicht nur unser Kommunikationsverhalten, sondern auch unsere Lebenswelt. Das “social web” bietet neue Vergemeinschaftungsformen. Hat das auch Relevanz für die pfarrdienstliche Tätigkeit? Und wie verändern diese Medien Verkündigung und Gemeindearbeit? Die Autoren des folgenden Beitrags plädieren dafür, “Facebook & Co” aktiv zu nutzen und das “soziale Netz” als Teil pfarrdienstlicher Aufgaben wahrzunehmen.

Artikel von Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, Ralf Peter Reimann und Alexander Ebel, erschienen im Deutschen Pfarrerblatt (Ausgabe: 2 / 2013)

http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/archiv.php?a=show&id=3323